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Mittwoch, 5. Juli 2023

Verloren

Anfang 2003 erhält Annes Mutter eine Postkarte, auf der lediglich vier Namen notiert sind. Von ihrer Mutter erfährt sie, es sind die, Namen von Annes Urgroßeltern, die in Auschwitz ermordet wurden. Anne beginnt sich für ihre Familiengeschichte zu interessieren. Dass sie Jüdin ist, war in ihrem Leben nie ein Thema. Doch nach Erhalt der Karte, beginnt sie Nachforschungen anzustellen und mit ihrer Mutter zu sprechen. Annes Forschungen verlaufen zunächst ein wenig im Sande. Erst Jahre später als ihre eigene kleine Tochter in der Schule Antisemitismus erfährt, will Anne die ganze Geschichte erfahren. Was macht es mit ihr selbst, Jüdin zu sein.


Sehr unmittelbar ist diese Geschichte erzählt von Anne Berest, schließlich ist es ihre eigene Familie, von der sie schreibt. Im heutigen Paris und überhaupt auf der Welt sollte es keine Rolle mehr spielen, was für eine Herkunft jemand hat. Doch die Autorin lässt erfahren, dass dem mitnichten so ist. Obwohl sie die Geschichte ihrer Vorfahren nicht kennt, so trägt sie sie doch in sich. Und nach dem die Postkarte im Briefkasten gelandet ist, beginnt sie zu fragen. Ihre Mutter hilft Anne bei der Recherche und stellt zur Verfügung, was sie an Dokumenten hat. Gemeinsam machen sich die Frauen auf die Suche nach weiteren Informationen.


Dieses Hörbuch wird ruhig, ein wenig distanziert und möglicherweise gerade dadurch beeindruckend vorgetragen von Simone Kabst. Ein wenig schade bei Hörbüchern, in den Namen vorkommen, deren Schreibweise man nicht zwingend kennt, dass man eben diese Schreibweise nur erahnen kann. Man ist gefesselt von dem Rätsel um die Postkarte, dem Anne und ihre Mutter mit echtem Spürsinn nachgehen. Ein Ruf aus der Vergangenheit erschallt da. Die Erzählungen aus eben dieser Vergangenheit sind lebendig und authentisch, in ihrer Offenheit und Direktheit bedrückend und tragisch. Es möchte einem das Herz stehen bleiben, wenn man hört, wie mit leichten Worten geschildert wird, wie Menschen deportiert, gequält und ermordet werden. Wie kann eine Familie da bestehen? Am ehesten, in dem nicht gesprochen wird, über die Lieben, die nicht weiterleben durften und die, die nicht geboren werden durften, durch die Schuld der Nazis und einiger Kollaborateure. Hoffnung gibt, dass Anne Berests Mutter bereit ist zu sprechen und wir so von der Postkarte erfahren. Ein beeindruckendes Buch, welches man nicht so schnell vergessen wird.


4,5 Sterne


Die Postkarte von Anne Berest 

ISBN: 978-3-8449-3405-2





Sonntag, 25. Juni 2023

Match von Paris

Commissaire Lacroix muss sich umgewöhnen, denn seit seine Frau Dominique will für das Amt der Bürgermeisterin von Paris kandidieren. Das ruft auch die Presse auf den Plan, in welcher die Frage aufgeworfen wird, ob Lacroix seinen Job noch ausführen kann, wenn seine Frau die oberste Chefin der Stadt ist. Fast schon froh ist er über die Bitte um Hilfe des Präsidenten des französischen Tennisverbandes. Endlich hat ein Franzose die Chance das renommierte Turnier von Roland-Garros zu gewinnen. Doch Yannick Duc vermisst den Talisman, der ihm schon seit Beginn seiner Tenniskarriere Glück bringt.  Und so kann er einfach nicht gut spielen.


In seinem sechsten Fall betritt Commissaire Lacroix die Bühne des Welttennis. Im berühmten Stadion von Roland-Garros erfährt Lacroix einiges über den Betrieb des Turniers, aber auch des Vereins. Doch warum ist dieser Talisman für den jungen Tennisprofi so wichtig, dass er meint, ohne nicht spielen zu können? Handelt es um einen dummen Streich oder wusste der Dieb, was er auslösen würde? Der Kommissar steht vor einem Rätsel. Vor allem auch vor dem Rätsel, ob er, der im Ruf steht der Maigret von Paris zu sein, sich einem einfachen Diebstahl überhaupt widmen soll. 


Aufmerksam wird auf dieses Buch/Hörbuch vielleicht durch das farbenfrohe Cover, das einen sofort nach Paris holt und wenn man gerne Tennis schaut, ist noch zusätzlich Interesse geweckt. Es ist der sechste Fall einer Reihe, wobei zum Verständnis des Falles nicht notwendig ist, alle Bände zu kennen. Natürlich könnte es dennoch zu empfehlen sein, mit dem sympathischen Commissaire Lacroix von Beginn an zu ermitteln. Schön, einen Kommissar kennenzulernen, der nicht nur gut im Beruf ist, sondern auch ein ganz normales Leben führt, ohne von argen Problemen gebeutelt zu werden. Dass er auch noch mit Interesse, Witz und Humor bei der Sache ist, macht die Lektüre umso erfreulicher. Das Thema ist getroffen, es gibt keine extremen Grausamkeiten und der Fall ist pfiffig konstruiert. Ein toller leichter Krimi, der von Felix von Manteuffel mit großer Kunst vorgetragen wird.


4 Sterne


Lacroix und der traurige Champion von Roland-Garros von Alex Lépic

ISBN: 978-3-9875-9040-5




Donnerstag, 22. Juni 2023

Hochzeitsreise á la Dupin

Die Hochzeitsreise von Claire und Georges führt sie auf das Weingut von Claires bester Freundin. Sie wollen schlemmen, genießen, entspannen und so manchen guten Wein verkosten. Doch wie es der Zufall will, wird Cèciles Ex-Mann tot aufgefunden. Claire will ihre Freundin in dieser schweren Situation unterstützen und neben der Polizei ermitteln, nur für den Fall, dass die örtlichen Beamten voreingenommen sind. Dupin versucht, sich von den Ermittlungen fern zu halten, er ist schließlich nicht zuständig und er will und darf seinen Kollegen auf nicht reinreden. Allerdings hat er nicht mit Claire gerechnet, die da ganz anderer Meinung ist.


Bereits zum zwölften Mal nimmt uns Commissaire Dupin in eine wunderbare Gegend in der Bretagne. Eine kulinarische Reise, die nicht nur mit schmackhaften Gerichten aufwartet, sondern auch eloquenten Berichten über die Herstellung von Weinen und deren Verkostung. Land und Leute wirken dabei so idyllisch, dass es kaum zu glauben ist, dass jemand etwas gegen den Verstorbenen gehabt haben kann. Und doch ist ein Mord geschehen und natürlich gewinnt Georges schnell ein Interesse an der Sache. Dass er dabei ein Katz und Maus Spiel mit der örtlichen Polizei anfängt, stört ihn bald nicht mehr.


Die Kriminalromane um Commissaire Georges Dupin sind immer wie ein kleiner Urlaub. Man bekommt eine Vorstellung von der beeindruckenden Landschaft, von der Kunst des Weinbaus. Beinahe glaubt man den Wein zu schmecken oder den Kaffee, ohne den Dupin nicht auskommen kann. Humorvoll sind die Schilderungen, wie Dupin und Claire bei ihren Nachforschungen der örtlichen Polizei ausweichen müssen, schließlich wurde ihm eindeutig klargemacht, dass er sich heraushalten soll. Diesbezüglich tut Dupin sein Bestes, gegen Claires Wünsche und seinen eigenen Instinkt kommt er nicht lange an. Der Fall entwickelt sich spannend und die Indizieren sind zunächst rätselhaft, bis sich ein Motiv herauskristallisiert, mit dem nicht zu rechnen war. Inzwischen sind in den Gedanken die Bilder der Verfilmungen mit der eigenen Vorstellung von Georges und Claire verschmolzen, wobei die Darsteller so passend gewählt sind, dass dies den Lesegenuss noch intensiviert. 


4 Sterne


Bretonischer Ruhm von Jean-Luc Bannalec

ISBN: 978-3-462-05404-0




Mittwoch, 21. Juni 2023

Marcus is back

Er ist wieder da, der Schriftsteller Marcus Goldman, der aus seinen Erkenntnissen zum Fall von Harry Quebert einen Roman gemacht hat. Die Filmrechte sollen verkauft werden, aber ein neues Buch ist nicht in Sicht. Auch in Liebesdingen muss Marcus einen Rückschlag hinnehmen. Die Auffrischung seines Kontaktes zu Perry Gahalowood, den er bei seinen Nachforschungen zu Quebert kennenlernte, kommt gerade recht. Und diesmal gibt es neue Entwicklungen zu einem alten Mordfall, der wegen eines Geständnisses als geklärt galt. Im Jahr 1999, also vor elf Jahren, wurde die junge Alaska Sanders tot aufgefunden. Der vermeintliche Täter ist tot und sein mutmaßlicher Komplize sitzt seitdem hin Haft.


Und nun nehmen sich Gahalowood und Goldman der Aufgabe an, herauszufinden, ob damals wirklich jeder Spur nachgegangen wurde. Die beiden Männer verbindet eine Art distanzierte Freundschaft, was sich zum Beispiel darin äußert, dass der Polizist Gahalowood Goldman meist nur als „Schriftsteller“ bezeichnet. Zu Beginn ihrer Ermittlungen zu Alaska Sanders sind sowohl Gahalowood als auch Goldman nicht besonders gut drauf, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Die gemeinsame Arbeit hilft ihnen, ihre Freundschaft aufzufrischen und auch bei der Bewältigung ihrer Probleme. Entgegen aller Erwartungen entwickelt sich der Mordfall Alaska zu einer verwickelten Geschichte, in der es viele Wahrheiten zu entdecken gibt.


Das ist mal wieder ein echter Wurf. Vielleicht war man sich nicht ganz sicher, ob man sich dem Roman widmen wollte, und ist deshalb mit großen Erwartungen an das Hörbuch herangegangen. Zum Glück kann man aber auch positiv enttäuscht werden. Die Ermittlungen um den Mordfall Alaska Sanders sind ausgesprochen gelungen. Der Fall ist vielschichtig und bei erneuten Gesprächen kommt zutage, dass gerade im Weggelassenen manchmal neue Informationen liegen. Nach und nach ergibt sich auch durch Rückblenden ein ganz anderes Bild über den alten Fall, die Zeugen und die Ermittlungen. Da muss man auf jeden Halbsatz hören und immer aufmerksam bleiben. Gut gelungen ist auch die Beschreibung der Zusammenarbeit zwischen Gahalowood und Goldman, die sich im Laufe der Zeit doch etwas entfremdet hat und hier wieder zu einem tollen Ermittler-Duo zusammenfinden. Authentisch und lebendig vorgetragen wird das Hörbuch von Torben Kessler. Das Cover ist schön gestaltet und gibt einen Eindruck von der Umgebung, in der der Roman angesiedelt ist. Und wenn es mit diesem Roman eine Fortsetzung zu Harry Quebert für den geneigten Leser gibt, wird es möglicherweise eine Fortsetzung zu Alaska Sanders geben. Jedenfalls ist diese erste Fortsetzung schon mal ein sehr würdiger Nachfolger.


4 Sterne


Die Affäre Alaska Sanders von Joël Dicker

ISBN: 978-3-8695-2577-8




Mittwoch, 7. Juni 2023

Isegrim

Hans Erik Rast war lange Zeit im Gefängnis. Er wurde beschuldigt und verurteilt, ein kleines Mädchen umgebracht zu haben. Wolf von Møn wurde er genannt. Nun ist er wieder frei und er ist fremd in der Welt. Wahrscheinlich ist es am besten, wenn er in seine Heimat zurückkehrt. In Kopenhagen gibt es einen Leichenfund mit einer sehr schlimm zugerichteten Leiche. Jesper Bæk wird zum Fundort gerufen. Gemeinsam mit seiner Chefin Kirsten Vinther stellt er erste Nachforschungen an. Ein Motiv für die grausame Tat erschließt sich nicht so schnell, denn der Tote scheint unbescholten zu sein. Bald gibt es einen neuen Todesfall mit einer ähnlichen Art des Tötens.


Bei dem vorliegenden Roman handelt es sich um den zweiten Band der Reihe um Kirsten Vinther, Jesper Bæk und Marit Rauch Iversen. Und wieder werden die Ermittler mit einem Fall konfrontiert, der nicht leicht zu ertragen ist. Marit, die als Super Recognizerin, ist zur Zeit wegen eines problematischen Falls ihre Sache nicht so gewiss wie sonst. Auch Jesper ist unsicher, ob es für ihn und Marit eine Chance gibt. Einen kühlen Kopf bewahrt Kirsten, die das Team zusammenhält. Die weiteren Ermittlungen führen das Team nach Møn, wo sie nach einer Verbindung zwischen den Opfern suchen.


Nordische Götter, grausame Morde, ein Verurteilter, der sich als Verdächtiger aufdrängt. Das ist eine gute Mischung für einen spannenden Krimi. Vielleicht ist Jesper etwas sehr angefasst und auch die Beschreibung der Opfer verlangt einem einiges ab. Dennoch ist der Fall sehr packend,. Wie die Hinweise aus der Gegenwart in die Vergangenheit führen, ist klug beschrieben. Und wenn man glaubt, man kenne den Täter, dann gibt es doch eine neue Spur. Wenn man sich manchmal über die Menschen aufregen kann, ist das etwas Positives, denn so ist man richtig drin im Buch. Sehr interessant ist auch eine Einordnung der Autorin zum Abschluss des Buches. Es macht den Fall rund und schlüssig. Eine gelungene Reihe, von der es gerne mehr geben darf.


4 Sterne


Blut.Rot.Tot von Anne Nørdby

ISBN: 978-3-8392-0430-6






Montag, 5. Juni 2023

Hochherrschaftlich

Nichts wird mehr so sein wie es war in Port Grimaud. Die Familie Vicomte kann endlich beweisen, dass ihnen der Ort gehört. Die Unverbesserlichen um Guillaume Lipaire fürchten, dass ihr Paradis in Südfrankreich nur noch ein Paradis für Reiche sein wird. Delphine hat schon die Kündigung für ihren Handyladen erhalten und die Geschäfte von Guillaume laufen auch schlecht. Nur Paul mit seiner Gärtnerei scheint alles richtig gemacht zu haben. Guillaume denkt, er und seine Bande müssen einfach etwas unternehmen. Doch zuvor finden sie den Pudel von ihrer Freundin Lizzy tot auf dem Gelände der Gärtnerei. Wie sollen sie der alten Dame nur beibringen, dass ihr geliebter Hund nicht mehr ist?


Die Autoren haben sich vom Allgäu aufgemacht an die Còte d’Azur, zumindest literarisch. Das ist mal eine schöne Abwechslung, die mit diesem Band in die zweite Runde geht. Die Unverbesserlichen nennen sie sich selbst und hier sehen sie es als ihre Aufgabe an, Port Grimaud so zu erhalten wie es ist. Sie selbst waren es schließlich, die der Familie Vicomte zu dem Beweis ihres Anspruchs auf die Herrschaft in Port Grimaud verholfen haben. Unverbesserlich eben, oder können sie doch noch etwas verbessern? Hoffentlich kommt Jacqui bald aus Amerika zurück. Sie hätte bestimmt eine Idee. Doch zunächst einmal müssen sie bei der Verwaltung herausfinden, ob dort die Ausrufung eines neuen Staates wirklich unterstützt wird.


Wenn man die von den Autoren gelesenen Hörbücher der Kluftinger-Reihe kennt, ist man bei den Unverbesserlichen etwas überrascht, Axel Prahl zu begegnen. Wie er allerdings jedem der Unverbesserlichen eine eigene Stimme verleiht und das auch durchhält, ist eine starke Leistung, die das Hören zum Genuss macht.


Um den zweiten Band der Reihe zu verstehen, muss man den ersten nicht zwingend kennen. Hilfreich wäre es wohl schon. Doch auch so werden einem die schrulligen Unverbesserlichen mit ihren Eigenheiten schnell sympathisch. Ein wenig chaotisch sind sie, aber gleichzeitig auch liebenswert. Ein Krimi im üblichen Sinne ist dieser Roman nicht, eher ein herzerwärmender Urlaubsroman mit Spannungselementen. Zumindest in diesem Band muss niemand herausfinden, wer etwas getan hat. Eher setzten sich die Unverbesserlichen ein Ziel und man kann sich bestens darüber amüsieren, welche Steine sie sich dabei selbst in den Weg legen. Natürlich erlebt man als Leser ein paar Überraschungen und hin und wieder kommt einem der Gedanke an Vanille-Eis mit Erdbeeren und Sahne. Vielleicht liegt das auch an dem stimmigen Cover.


4 Sterne


Die Unverbesserlichen - Die Revanche des Monsieur Lipaire von Volker Klüpfel und Michael Kobr

ISBN: 978-3-9571-3289-5







Montag, 29. Mai 2023

Rosa Lippenstift

Ernst Mannsen ist ganz verwirrt. Die liebenswerte, aber etwa unscheinbare Gemeindemitarbeiterin Hilke trägt plötzlich Lippenstift und farbenfrohe Kleidung. Wenn sie mal nicht einem Heiratsschwindler aufgesessen ist. Ernst muss unbedingt Schlimmeres verhindern. Und so kommt es, dass sein Enkel Mads ihm ein Profil auf der Online-Dating-App erstellt. So richtig was zu suchen hat der mit seiner Gudrun glücklich verheiratete Ernst natürlich nicht, aber wenn es der Rettung von Hilke dient, dann wird er sein ganzes Geschick einsetzen. Dass Ernst dabei den einen oder anderen Auftrag vergisst, den Gudrun erteilt hatte, lässt sich kaum verhindern.


Wenn einem die Namen von Ernst Mannsen und seinen Sylter Freunden und Bekannten irgendwie bekannt vorkommen, dann könnte das an „Geld oder Lebkuchen“ erinnern, wo der ehemalige Zollbeamte und verhinderte Polizist Ernst schon einmal schlimmere Verbrechen zu verhindern suchte. Im vorliegenden Band geht es auch wieder lustig zu, wenn auch das Thema durchaus auch ernste Momente hat. Man muss halt schon aufpassen in dieser Welt. Ernst jedenfalls tut sein Bestes, um seine Ermittler-Qualitäten ins beste Licht zu rücken. Schnell wird dann auch die Enkelgeneration mit ihrer technischen Expertise tätig, Manchmal scheinen die Jungen die Vernünftigen zu sein, da müssen sie den Älteren gegenüber auch einfach mal nachgeben.


Durch diese Fast-Romanze führt die Vorleserin Katja Danowski mit traumwandlerischer Sicherheit. Sie verleiht dem Hörbuch große Lebendigkeit. Auch dieses zweite Treffen mit Ernst Mannsen und seinem Sylt und den Inselbewohnern macht richtig Spaß. Mit Witz und Humor werden auch durchaus ernste Themen aufgegriffen, aber gelungen mit der einem Cozy-Crime  oder eben Romance angemessenen Leichtigkeit verarbeitet. Der aufrechte Ernst, der gerne die Welt, aber mindestens die Inselbewohner retten möchte, die dorfälteren Frauen, welche ihm dabei mit großem Einsatz helfen, die Enkel, die gegen die Älteren manchmal nur so in etwa bestehen. Humorig, ohne platt zu wirken. Das wünscht man sich von einem leichten und dennoch sehr intelligentem Roman, der ein paar Elemente eines Kriminalromans hat und bei dem es sich dennoch fast um eine Romanze handelt. 


4 Sterne


Geld oder Eierlikör: Fast eine Romanze von Dora Held

ISBN: 978-3-8337-4564-5






Donnerstag, 25. Mai 2023

Der Protokollant

Der Autor Anthony Horowitz fühlt sich manchmal eher wie der Co-Autor von Damiel Hawthorne, einem ehemaligen Polizisten. Mit diesem hat er einen Fall protokolliert und als Kriminalroman veröffentlicht. Bald soll es ein neues Buch geben und der Verlag meint, Horowitz und Hawthorne sollen zu einem Literaturfestival nach Alderney. Womit die beiden Herren, die sich nicht immer ganz grün sind, nicht rechnen, dass sie sich auf der beschaulichen Kanalinsel nicht nur mit Literatur beschäftigen werden. Zu dem Festival hat sich eine illustre Runde versammelt, etwas skurril, aber interessant. Nur der Mäzen scheint nicht die Freundlichkeit in Person zu sein.


Dies ist der dritte Roman, in dem der Autor Anthony Horowitz als Chronist des Privatdetektivs Daniel Hawthorne auftritt. Besonders am Anfang wird die Beziehung zwischen Verlag, Autor und Agent beleuchtet. Wobei der Ideengeber Hawthorne seinen Anteil an der schriftstellerischen Tätigkeit doch als überaus wichtig einschätzt,  schließlich hätte man ohne seine Nachforschungen keine Romane. Eigentlich ist Horowitz der Co-Autor, es ist ihm nur nicht so klar. Und Alderney ist doch ein nettes Reiseziel. Das der Mäzen schon am nächsten Morgen tot aufgefunden wird, führt natürlich dazu, dass Hawthorne unerwartet ermitteln muss. Möglicherweise hatte er auch noch einen ganz anderen Grund, an dem Festival teilzunehmen.


Der Anfang dieses klassischen Whodunit mit seinen Anspielungen auf das Verlagswesen und der Irritation des Autors über seinen selbstgerechten Co-Autoren ist wirklich klasse. Auf der Insel angekommen entwickelt sich der Roman mehr zu einem normalen Krimi, in dem eben Täter und Motiv gefunden werden sollen. Natürlich ist Hawthorne schlauer als die Polizei oder Horowitz. Und von sich eingenommen bleibt er immer. Dennoch verfolgt man gespannt, wie mögliche Motive eruiert und Verdächtige ausgeschlossen werden. Auch ist es vergnüglich, die Irrtümer des Autors zu erkennen. Wobei es beim Lesen nicht gelingt, das Rätsel selbst zu lösen. Da muss und darf man sich getrost auf Hawthorne verlassen, über dessen Persönlichkeit es etwas zu erfahren gibt. Diese Reihe ist lesenswert und das Hörbuch wird hervorragend vorgetragen von Uve Teschner. 


4 Sterne


Wenn Worte töten von Anthony Horowitz

ISBN: 978-3-8337-4626-0









Samstag, 20. Mai 2023

Thin Penny

Penelope St. James hätte nie gedacht, dass sie sich in Shaftesbury mal so wohl fühlen würde. Auch wenn ihr immer wieder neue Berufe unterstellt werden, sie betreibt nur eine Partnervermittlung für gehobene Ansprüche. Nebenbei klärt sie auch mal einen Mord auf. Doch im Moment gilt es zum Glück eine Hochzeit vorzubereiten. Dazu müsste sie mit dem neuen Pfarrer sprechen, der jedoch den Leuten im Ort und besonders Penelope die zehn Gebote beibringen will. So richtig gut kommt er damit nicht an. Etwas schweren Herzens macht sie Penelope trotzdem auf den Weg zur Kirche. Dort findet sie den Pfarrer tot vor dem Altar.


Auch in ihrem zweiten Fall stolpert Penelope St. James in einen Mordfall. Und, nein, sie war es nicht. Aber natürlich will sie herausfinden, was geschehen ist. Ein Motiv hätte irgendwie das ganze Dorf. Hinzu kommt noch, dass die abergläubischen Einwohner von Shaftesbury Angst vor einem Raben haben. Raben bringen Unglück. Außerdem wurden etliche Dorfbewohner bestohlen. Und, da die Menschen in Shaftesbury langsam Vertrauen zu Penelope gefasst haben, laufen sogar ein paar Kunden in ihrer Agentur auf. Wenn Penelope mal nicht ermittelt oder vermittelt, verbringt sie ihre Zeit gerne mit ihrem Nachbarn dem Tierarzt Sam und seiner Tochter Lilly. 


Schon beim Lesen der ersten paar Seiten hat man ein Lächeln im Gesicht. Gerade in schwierigen Zeiten tun derartige Cozy Crimes richtig gut. Humor und Wortwitz gepaart mit liebenswerten Mitwirkenden, so mag man das. Penelope, die ihre Scheu vor Tieren langsam überwindet, und Sam, der alles tut, um ihr dabei zu helfen. Die neugierigen Dorfbewohner, die eine Gemeinschaft bilden. Und die etwas vorlaute Lilly ist eine Tochter, die man sich wünschen würde. So ein Krimipersonal wünscht man sich. Locker und leicht fliegen die Seiten dahin. Für ein paar vergnügliche Stunden kann man am Dorfleben teilnehmen und hat man die letzte Seite umgeschlagen, freut man sich schon auf das nächste Abenteuer von Penelope St. James und ihren Freunden.


4,5 Sterne



Der Mordclub von Shaftesbury - Ein Herz und eine tote Seele von Emily Winston

ISBN: 978-3-7466-3967-3





Mittwoch, 17. Mai 2023

Hinter der Maske

Mit achtzehn hat Hedwig ihre erste Rolle am Theater, sie spielt die Sissi. Was könnte sie sich mehr erträumen. Ihr Vater ist ein Mann mit Weitblick. Anfang der 1930er schon erkannt, dass es für Menschen mit jüdischer Abstammung in Wien schwierig werden könnte, einfach nur am Leben zu bleiben. Er hofft, die Heirat seiner Tochter mit einem älteren Waffenfabrikanten, würde wie eine Schutzmauer wirken. Leider erweist sich ihr Ehemann als gewalttätiger Despot und nach einigen Jahren des Erleidens dieser Ehe gelingt es Hedy zu fliehen. Mit Hilfe von Louis B. Mayer gelangt Hedy nach Hollywood, wo sie ihre Schauspielkarriere unter ihrem Künstlernahmen Hedy Lamarr wieder aufnimmt.


Welch eine ungewöhnliche Frau. Ihr Start ins Leben wohlbehütet in einer Bankiersfamilie. Doch die Ehe, die sie so jung eingeht, wird nicht glücklich. Vor der Hochzeit verstand ihr Mann es, sie mit Geschenken zu locken. Indem er sie gleichberechtigt behandelte, nahm er Hedy für sich ein. Doch nach der Hochzeit entpuppt er sich als eifersüchtiger Despot, der seine Frau in allen Belangen einschränkt und sie mehr als Schmuckstück ansieht, denn als Mensch. Inzwischen wird auch die politische Lage in Österreich immer gefährlicher. Hedy sieht keine andere Möglichkeit als zu fliehen.


Beim Lesen der Beschreibung zu diesem Buch ist man sofort Feuer und Flamme. Der Name Hedy Lamarr hat etwas Mystisches. Schnell merkt man, wie wenig man über die Schauspielerin weiß. Weder ihre österreichisch-jüdische Herkunft war bekannt, noch ihr genialer Erfindergeist. Wohl hat sie auch darunter gelitten, dass sie in Amerika ein relativ angenehmes Leben führte, in Europa jedoch ein perfider Machhaber den ganzen Kontinent mit Leid und Tod überzog. Die spannende Jugend der Künstlerin und Erfinderin hat die Autorin in ruhigen Worten erzählt, wobei ein kurzes Nachwort noch mit beeindruckenden Erläuterungen aufwartet. Diese Lebensbeschreibung bringt einem den Menschen Hedy Lamarr näher, die wie so viele ihrer Generation als starke Frau nicht wirklich wahrgenommen wurde. Ein literarisches Denkmal, von dem man wünscht, dass es ihr gefallen hätte. 


4 Sterne


Die einzige Frau im Raum von Marie Benedict

ISBN: 978-3-462-00492-2





Sonntag, 7. Mai 2023

Ein Neuanfang

In den 1960er Jahren sind die Auswirkungen des zweiten Weltkriegs noch zu spüren, aber dennoch ist eine Aufbruchstimmung zu erkennen. Mit seiner Stellung als Gelegenheitsarbeiter ist Robert Simon nicht mehr zufrieden. Im Jahr 1966 ergreift er die Gelegenheit, am Großmarkt mietet er Räume, um ein Café zu eröffnen. Das Angebot wählt er etwas umfangreicher als bei einem Café und nach ein paar Anlaufschwierigkeiten kommen die Gäste, die Marktbetreiber, die Zufallskunden, Bekannte und Fremde, die zu Bekannten werden. Robert Simon hat etwas Eigenes geschaffen, er hat gewienert und geputzt, um es den Gästen freundlich und einladend herzurichten.


Robert Simon ist ein sympathischer Typ, zurückhaltend zwar, gar manchmal verschlossen, aber zuverlässig und beständig. Wer ihn zum Freund hat, kann sich wohl auf ihn verlassen. So hilft er einem Freund mit Mila, die im Café eine Anstellung gefunden hat, zusammenzukommen. Und auch seiner Vermieterin, einer älteren Dame, greift er unterstützend unter die Arme als es nötig ist. Manchmal liegen Glück und Pech nahe beieinander und an manchen Wendepunkten fragt man sich, was gewesen wäre, wenn Entscheidungen anders getroffen würden. Roberts Café hat keinen richtigen Namen, es ist einfach im Viertel da und es ist für das Viertel da.


Der Name des Autors ist bekannt und wenn man noch keines seiner Werke gelesen hat, so ist man mit der Zeit neugierig geworden. Das Thema des recht unbedarften und im Zuge der Zeit durchaus erfolgreichen und sympathischen Gründers ist dabei ansprechend. Allerdings wirkt die Erzählung episodenhaft, was vielleicht mit dem Zeitraum zu erklären ist, über den sich die Handlung erstreckt. Vielleicht ist es auch eine Abbildung der Gäste, die häufiger erscheinen oder seltener oder auch nur ein Mal. Wenn es ein Konzept ist, ist es eine tolle Idee, wenn einem dieses Bruchstückhafte liegt. Doch auch eine gewisse Traurigkeit liegt über den Roman, als sei es Robert Simon beinahe von Anfang an gewiss gewesen, dass er sein Café nicht ewig betreiben wird. Die freudige Dynamik des Beginns verfliegt recht bald. Die angemessene und getragene Vortragsweise des Vorlesers Matthias Brandt bringt die Stimmung des Werkes hervorragend zur Geltung. Nach Abschluss des Hörerlebnisses darf man konstatieren, dass einem dieser Roman vielleicht nicht hundertprozentig liegt, es sich aber um eine Erzählung handelt, die ausgesprochen lesens- oder hörenswert ist.


Im Übrigen ist die Abbildung eines möglichen Robert Simon auf dem Cover ziemlich gut getroffen.


4 Sterne


Das Café ohne Namen von Robert Seethaler

ISBN: 978-3-95713-293-2





Freitag, 5. Mai 2023

Venedigland

In Venedig wird am frühen Morgen ein Steuerberater tot aufgefunden. Ein penibler Buchhalter Paolo Salini, so kühl und möglicherweise korrekt, wer sollte etwas gegen ihn gehabt haben. Commissario Morello und sein Team stehen vor einen Rätsel. Zwar war der Buchhalter der Reichen und noch Reicheren nicht beliebt, eher wirklich unbeliebt, aber reicht das für einen Mord. Vielleicht hängt es mit den Plänen seiner Klienten zusammen. Diese wollen aus dem lebendigen Treiben in Venedig eine Kunststadt machen, die nur noch Luxustouristen offen steht und den Arbeitssklaven, die für die Bequemlichkeit Ersterer benötigt werden. 


Auch in seinem dritten Fall sehnt sich Commissario Antonio Morello nach seiner Heimat Sizilien. Doch diesmal haben sie ihm ernsthaft versprochen, wenn er den Fall löst darf er zurück, um den Fall, der immer an ihm nagen wird, zu lösen. Zuerst kommt natürlich der Fall und sein Team, besonders Anna Klotze, die etwas zu verbergen scheint. Was aber hat es mit diesem Fall auf sich und mit dem Plan, aus Venedig ein Kasperltheater zu machen. Und das verwegene Vorhaben, Taschendiebe mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz zu fangen, schmeckt Morello und seinen Kollegen kein bisschen. Von einem Computer herumkommandiert zu werden, lenkt schließlich von der Morduntersuchung ab und kostet Zeit.


Das Opfer ist diesmal rechtschaffen unsympathisch, nicht, dass man irgendjemandem den Tod wünscht, aber so richtig Mitleid hat man nicht. Dieser Buchhalter war kein liebenswerter Vertreter seiner Zunft. Und Morello handelt ganz nach seinem Instinkt, während seine Teamkollegen auch das naheliegende sehen. Die Zusammenarbeit kann so nicht immer klappen. Immerhin, wenn es um die Taschendieb stähle geht, ziehen alle an einem Strang. Morellos Sehnsucht nach Sizilien kann einerseits nachvollziehen andererseits auf wieder nicht. Sollte er nicht mehr nach vorne schauen? Die Vergangenheit holt er nicht zurück. Interessant ist der Gedanke, was ist Kriminalroman und was ist Wirklichkeit. Da lassen die Autoren einem mit knappen Worten einen Schauder den Rücken runderlaufen. Und Annas Geheimnis? Ungelöst. Commissario Morello nimmt einen nicht nur mit seiner Cleverness für sich ein, sondern auch mit tollen Rezepten.


4 Sterne


Falsche Freunde von Wolfgang Schorlau und Claudia Caiolo

ISBN: 978-3-462-00303-1






Samstag, 22. April 2023

Nur ein Unfall

Der ehemalige Polizist Art Mayer will eine Freundin zum Krankenhaus bringen als er in einen Unfall verwickelt wird. Der Fahrer des Fahrzeuges flieht und auch Art entfernt sich vom Geschehen. Umso überraschter ist er, als er von seinem ehemaligen Chef gebeten wird, die Ermittlungen in eben jener Unfallsache zu übernehmen. Eine Zeugin hat eine Tote auf der Ladefläche des Unfallfahrzeuges gefunden. Deren Körper ist mit einer Anschrift markiert, die hinlänglich bekannt ist. Mit Art soll die junge Polizistin Nele Tschaikowski an dem Fall arbeiten. Zunächst finden die Beiden nur widerwillig zusammen.


Mit diesem Thriller stellt der Autor sein neues Team vor. Art Mayer, der als Kind einen schweren Start hatte und lange als berühmt berüchtigter Ermittler bekannt war, hatte den Polizeidienst eigentlich verlassen. Nele Tschaikowski dagegen steht am Anfang ihrer Karriere. Sie ist gewitzt, aber unerfahren. Eigentlich passen Art und Nele nicht zusammen und dennoch ergänzen sie sich bei der Untersuchung. Wieso wurde die Frau ermordet? Und erhält Art als quasi Neueinsteiger alle Informationen, die er braucht, um das Motiv und den Täter zu finden? Schon bald verdichten sich Hinweise, dass die Wurzel des Verbrechens möglicherweise zum Teil in seiner eigenen Vergangenheit liegt.


Wenn man die Tom Babylon Reihe des Autors kennt, weiß man, dass sein Name für spannende Thriller steht. Natürlich ist man neugierig, was er für sein neues Team in Petto hat. Dabei konzentriert sich dieser erste Band mehr auf Art, der in seiner Vergangenheit einschneidende Erlebnisse verarbeiten musste. Dadurch wird der Start des Romans etwas verlangsamt. Doch so versteht man besser wie Art tickt. Nele bleibt allerdings noch mehr im Hintergrund. Hoffentlich erfährt man in den folgenden Bänden noch mehr über sie. Als Ermittlerin ist sie auf alle Fälle mehr als ein Sidekick. Die Untersuchung, um die es geht ist auf jeden Fall spannend und brisant. Das Geschäft ist hart und von Intrigen geprägt. Die Geschichte hält etliche Erkenntnisse und Überraschungen bereit und wie in einem guten Thriller, je länger man liest, desto packender wird es. Dies wird unterstrichen durch den gekonnten Vortrag von Peter Lontzek.


4 Sterne


Der Morgen von Marc Raabe

ISBN: 978-3-8449-3266-9