Samstag, 9. Mai 2015

Broken

Ein Fall wie ihn sich niemand wünscht. In einer Musterwohnsiedlung in der Nähe von Dublin, die leider nie fertig wurde, werden drei Tote und eine Schwerverletzte gefunden. Eltern und zwei Kinder, die Kinder wurden erstickt, die Eltern haben verschiedene Stichwunden. Detective Mike Kennedy, der in seiner Jugend mit seinen Eltern oft in der Gegend Urlaub machte, übernimmt den Fall. Er ist genau der Richtige für den Fall, er hat eine super Aufklärungsrate und sein neuer Partner scheint ein Händchen für die Arbeit zu haben und ist sich für keine Überstunde zu schade. Doch was kann in dieser verwünschten Siedlung nur geschehen sein? Nur wenige der Häuser sind bewohnt, es gibt kaum Zeugen, nur die Erzählung einer Familie, die durch die Rezession nach unten gerissen wurde.

Die Autorin gibt ihren Lesern hier einen harten Brocken zu schlucken. Wer kann eine solche Tat begehen? Was kann hier ein Motiv sein? Eine Familie, die offensichtlich trotz der nicht einfachen Umstände glücklich war. Alles scheint zu passen und es kann nur eine Frage der Zeit sein bis sich wieder ein Job findet. Ist es für Kennedy hilfreich, dass er seine eigenen Beziehungen zu der Gegend hat, oder schränkt es sein Urteilsvermögen ein? Ist der sein Partner, der unerfahrene Richie Curran wirklich die ideale Besetzung?


Man tut sich etwas schwer mit der Lektüre, so recht will keine Spannung aufkommen. Aus der nicht von einer Rezession geprägten Sicherheit betrachtet, fragt man sich, ob eine Krise wirklich solche Auswirkungen haben kann. Man fragt sich nach der Recherche, man fragt sich nach einer wirklichen Erklärung. Vielleicht ist es von der Autorin gewollt, einige Dinge offen zu lassen oder einfach nicht zur Befriedigung einzelner Leser zu erklären. Doch um zu diesem Schluss zu gelangen, wendet sie viel Zeit und Mühe auf und wirft die Frage auf, was dieses oder jenes denn bezwecken soll. Diese Unterschwelligkeiten und Verdrehtheiten könnten einigen Lesern nach einer Weile doch auf die Nerven gehen. Wohl schon ein psychologischer Kriminalroman, der die Leser in eine depressive Welt entführt, ob es allerdings ein Meisterwerk ist, muss jeder Leser für sich selbst beurteilen.

3 Sterne

Schattenstill von Tana French
ISBN: 978-3-596-18882-6

Info: Das Cover ist von der Neuauflage. Ich habe eine ältere Ausgabe gelesen.


Freitag, 8. Mai 2015

Das Haus in Schweden

Daniels Eltern haben beschlossen, ihren Lebensabend in Schweden zu verbringen. Von dort stammt seine Mutter und er denkt, es sei eine wunderbare Gelegenheit für die Eltern. Für Daniel ist es allerdings auch eine Gelegenheit, nämlich hinauszuzögern, seinen Eltern von seinem Lebenspartner Marc zu erzählen, mit dem er inzwischen zusammen wohnt. Als Daniel nach Monaten einen Anruf von seinem Vater erhält, in dem dieser mitteilt, die Mutter, Tilde, sei in eine psychiatrische Klinik eingeliefert worden, ist er sehr erschrocken und will sich sofort auf den Weg nach Schweden machen. Doch noch am Flughafen in London meldet seine Mutter ihr Ankunft in England an. Sie hat ihre eigene Geschichte zu erzählen.

Man fragt sich zu Beginn, wie die Mutter Tilde in so relativ kurzer Zeit so seltsame Anwandlungen bekommen kann. Die gestandene Frau, die mit ihrem Mann eine Gärtnerei in England führt, wird nach Aufgabe des Geschäfts relativ plötzlich zu einer vermeintlich Durchgedrehten, die psychiatrischer Behandlung bedarf. Daniel lernt eine ganz andere Mutter kennen, er erfährt, dass die Eltern andere Gründe hatten nach Schweden zu gehen als gedacht, dass die Aufnahme dort nicht so wohlwollend war wie erhofft. Doch alles, was Tilde erzählt, scheint keinen Grund für Tildes doch extreme Reaktion darstellen zu können. Nach und nach kommt eine Geschichte zutage, mit der Daniel überhaupt nicht rechnen konnte. Er muss das Bild, das er sich von seiner Mutter gemacht hat, neu überdenken.


Dieses ungekürzte Hörbuch lebt sehr von seinen beiden Vorlesern, wobei Friedrich Mücke Daniels Part übernimmt und Beate Himmelstoß den von Tilde. Ob bewusst ist nicht ganz klar, doch kommt Daniel zunächst etwas weichlich und verschlürt daher, während Tilde klare teils schonungslose Worte findet, erscheint Daniel am Ende gereift und endlich erwachsen, er bringt seiner Mutter schließlich die Hilfe, die sie erhofft hatte. In Teilbereichen fast schon ein Hörspiel fasziniert die Lesung und entwickelt sich zu einem spannenden Stück für Mutter und  Sohn. Wenn man vielleicht auch nicht immer glauben mag, dass Dinge so geschehen können, wird man doch bestens unterhalten und bekommt jegliche Frage logisch beantwortet und Handlungen begründet.

4 Sterne

Ohne jeden Zweifel von Tom Rob Smith
ISBN: 978-3-844-51130-7





Donnerstag, 7. Mai 2015

Boudicca Project

Detective Nick Belsey ist ziemlich am Ende, eines morgens wacht er irgendwo draußen auf und fragt sich, was er gestern getan hat. Wie es sich herausstellt, hat er Schulden, kein Haus mehr und trinkt mehr Alkohol als gut für ihn ist. Da ist eine Selbstmord-Ermittlung in einem der besseren Viertel Londons fast wie ein Geschenk des Himmels. Zwar ermittelt Belsey etwas vor sich hin. Doch hauptsächlich nutzt er die Gelegenheit, sich im Haus des Opfers einzunisten. Und als er auch noch ein geheimes Konto entdeckt, scheinen alle seine Träume in Erfüllung zu gehen.

Bevor ich zur eigentlichen Besprechung komme, will ich eine Kleinigkeit erzählen. Ich habe das Buch gebraucht erworben und so wie der Buchrücken aussah, hat mein Vor-Leser gerade in dem Moment aufgehört zu lesen als das Buch spannend wurde. Wie schade.
Allerdings musste ich zu Beginn auch etwas kämpfen, denn ein Bulle, der das tote Opfer ausnimmt, um abhauen zu können, entspricht nicht so ganz meiner Vorstellung von einem Polizisten. Aber je mehr ich in die Geschichte eintauchen konnte, desto mehr hat mich speziell dieser Teil des Szenarios belustigt. Der gute Nick schlittert nämlich immer wieder in Situation, in denen er seine Ausbildung einfach nicht verleugnen kann und dann doch beginnt ordentlich zu ermitteln. Mitunter bringt er seine Hinweise dann bei den Kollegen an oder auch bei der Presse, ohne natürlich seinen geheimen Plan aus den Augen zu verlieren. Fast unfreiwillig entschlüsselt er einen ausgesprochen interessanten Plan, den einer hat, um an das Geld anderer Leute zu kommen. 

Für mich war dieses eines der Bücher, mit denen es anfangs etwas langsam vorangeht, die aber dann immer besser werden, so dass man schließlich nicht mehr von ihnen lassen kann, weil man wissen will, was dahintersteckt. Dieser etwas andere Held wurde mir doch sehr sympathisch und ich denke, wir werden noch mehr von ihm lesen können.

4 Sterne

The Hollow Man von Oliver Harris
ISBN: 978-0-062-13671-8


INFO: Ich habe das Buch auf Englisch gelesen. Ich füge mal das deutsche Cover hinzu.






Mittwoch, 6. Mai 2015

Shibumi preloaded

Nikolai Hel hat seinen Ziehvater umgebracht, um ihn vor einem schlimmeren Schicksal zu bewahren. Dafür saß er einige Jahre im Gefängnis. Doch im Jahr 1951 macht ihm der Amerikaner Haverford ein Angebot. Wenn er nach Peking reist und dort einen bestimmten Russen umbringt, bekommt er seine Freiheit, Geld und einen Pass eines Landes seiner Wahl. Diese Chance will Hel sich nicht entgehen lassen. Und so landet er zunächst in Tokio, wo er die Identität eines französischen Waffenhändlers annehmen soll. Damit ihm das perfekt gelingt, verbringt er die Zeit mit der Französin Solange, die ihm noch einiges mehr beibringt als nur den Akzent der Gegend um Montpellier. Nach einigen kurzen Wochen der Regeneration und Entspannung, die nur von einem Mordanschlag unterbrochen werden, beginnt das Abenteuer in Peking. 

Ein rasant geschriebenes Abenteuer in authentisch altmodischer Thriller-Manier, einfach klasse. Der Beginn des kalten Krieges, USA gegen Russland, Russland mit China, alle rühren im vietnamesischen Pott. Und dann dieser Superheld Nikolai Hel, der es schafft größten Gefahren zu entgehen. Der schneller den Attentäter tötet, bevor dieser sein Werk beginnen kann. Ein Agent jagt den anderen, es werden verschiedenste Süppchen gekocht. Und auch Nikolai hat private Hühnchen mit seinem Opfer zu rupfen. Teilweise scheint es etwas kunterbunt durcheinander zu gehen, gerade wenn man mit den Gegebenheiten der Zeit und des asiatischen Raumes nicht so vertraut ist. Doch ist am Ende jedes Steinchen an seinem Platz. Und einige Überraschungen muss der Leser auch verkraften. Mir jedenfalls hat diese ausgesprochen unterhaltsame Kost in einem gekonnt altmodischen Stil sehr gut gefallen. Der Autor hat seinen Roman im Übrigen als Prequel zu dem Buch Shibumi des Autors Trevanian, was mal ein ungewöhnlicher Ansatz ist.

5 Sterne

Satori von Don Winslow


ISBN: 978-0-446-56192-1

INFO: Ich habe das Buch auf Englisch gelesen. Unten habe ich das Cover der deutschen Ausgabe hinzugefügt.










Sonntag, 3. Mai 2015

Blut, das auf Schnee fällt

Sein Leben hat sich Olav anders vorgestellt, doch es ist wie es ist. Und so ist er derjenige, der für andere aufräumt. Zwar arbeitet er nur Aufträge ab, dennoch würde sich Daniel Hoffmann als sein Chef bezeichnen. Und genau dieser Hoffmann ist es, der Olav den Auftrag erteilt, sein untreues Weib umzubringen. Nicht gerade glücklich mit dieser Aufgabe, sieht Olav dennoch keine Möglichkeit, nein zu sagen. Bald beginnt er dass Haus seines Bosses zu beobachten und macht dabei einige erstaunliche Entdeckungen, die eine Kette von Ereignissen ins Rollen bringen, an deren Ende alles anders ist.

Eine etwas andere Veröffentlichung von Jo Nesbø, ein relativ kurzer Roman, fast wie eine Erzählung, wenn man denn einen Thriller so nennen kann. Wobei sich am Ende des Buches ein Hinweis auf einen weiteren Teil dieser befindet,  der mit diesem zumindest locker zusammenhängt. Hier bliebe abzuwarten wie eng der Zusammenhang ist, um herauszufinden, ob es sich schließlich eher und eine Sammlung von Geschichten handelt oder doch einen Roman, der vielleicht besser in einem Band herausgegeben würde.

Hier wird zunächst Olavs Geschichte erzählt, mit einer gewissen Zwangsläufigkeit, wie er meint, ist er zu einem erfolgreichen Auftragskiller geworden. Doch mehr als einmal spielt ihm seine  Phantasie Streiche und er denkt sich Geschichten aus, die mit den Menschen, die er trifft, nicht wirklich viel zu tun haben. Dennoch ist er als Mörder erfolgreich, er lebt noch und er wurde bisher nicht erwischt. Doch ist es nicht an der Zeit etwas zu ändern, ein anderes Leben zu beginnen? Dieser Gedanke und die Beobachtung des Hauses von Hoffmann setzen einiges in Gang.


Zwischen den Erinnerungen und Gedanken Olavs und actionreichen Szenen des Aufräumens hin und her pendelnd bietet das Buch durchaus vielschichtige Unterhaltung, spannend teilweise etwas surreal. Vielleicht liegt manchmal wirklich in der Kürze die Würze, dann hätte der Autor es hier auf den Punkt gebracht. Die stimmungsvolle Poesie des rot wie Blut und weiß wie Schnee jedenfalls erreicht den Leser, allerdings erreichen mich persönlich die Fälle des Harry Hole noch viel mehr.

3,5 Sterne

Blood on Snow von Jo Nesbø
ISBN: 978-1-84655-992-1


Samstag, 2. Mai 2015

Tief im Süden

Im Jahr 1946 ist Regina Mary Robichard eine der ersten schwarzen Bürgerrechts Anwältinnen. Kurz vor ihrer Ernennung arbeitet sie im Büro von Thurgood Marshall in New York, der sich der Rechte der schwarzen Bürger angenommen hat. Als eines Tages ein Schrieben des bekannten Schriftstellers M. P. Calhoun die Kanzlei erreicht, in der der Autor darum bittet, den Todesfall eines farbigen Weltkriegs-Heimkehrers aufzuklären, setzt Reggie alles daran, diese Ermittlungen zu übernehmen. Denn Calhoun ist der Autor ihres Lieblings-Kinderbuches, das noch in den 1940ern in den Südstaaten verboten ist, denn es handelt von den Erlebnissen dreier Kinder, zwei davon weiß eines schwarz.

Die Zeit der Rassentrennung neigt sich ganz langsam dem Ende zu, so ganz erreicht ist dieses Ende angesichts gerade der aktuellen Ereignisse wohl immer noch nicht. Umso spannender und lehrreicher wird vor diesem Hintergrund die Lektüre des Romans um Reggie Robichard und die Ereignisse in den 40ern. So lange ist es noch nicht her, doch wirkt das Geschehen als müsste es zu einer Zeit spielen, die viel länger vergangen ist. Versetzt man sich in Reggies Lage als sie schon während der Anreise sehr deutlich erfährt, dass sie im Süden eine andere Welt betreten wird als sie es von New York gewöhnt ist, fühlt man ihr ungläubiges Erstaunen und Entsetzen als sie in die Klasse der Schwarzen umquartiert wird als sei es das Selbstverständlichste der Welt. Man fühlt auch ihre Unsicherheit, soll sie lieber kein Aufsehen erregen und mit dem Strom schwimmen oder soll sie sich wehren. Um überhaupt am Ziel der Reise ankommen zu können, entscheidet sie sich für ersteres. Eine Entscheidung, die sie noch häufiger treffen muss. Manchmal muss es schlimmer werden, bevor es besser werden kann.


Dieser Roman macht seinem Titel alle Ehre - tatsächlich hat er etwas Magisches und Geheimnisvolles. Die Wege des Zwischenmenschlichen im Süden sind manchmal sehr unergründlich, ihnen scheint ein Zauber innezuwohnen, den fortschrittlichere Gegenden wohl nicht hervorgebracht haben. So taucht Reggie ein in eine Welt, in der schwarze Mitbürger weniger gelten als weiße, ihr Einfluss aber dennoch nicht zu unterschätzen ist. Verschlungen sind die Wege des Rechts, das sich aber doch irgendwie einen Pfad durch das Dickicht bahnt. Mit ihrer Art zu schreiben fast etwas wie kindliche Naivität ausstrahlend, fängt die Autorin ihre Leser ein, um sie so schnell nicht wieder loszulassen. Sie lässt mit ihrer Geschichte eine längst vergangene Zeit lebendig werden, die nichts an Aktualität verloren hat. Der Kampf um das Recht soll nie aufgegeben werden.

4,5 Sterne

The Secret of Magic von Deborah Johnson
ISBN: 978-0-241-19893-2

Freitag, 1. Mai 2015

Beste Freundinnen

Während der Schulzeit mit dreizehn oder vierzehn lernen sich Rachel und Clara kennen. Sie werden unzertrennlich, die etwas dickliche und unscheinbare Rachel und Clara, mit der eigentlich jeder befreundet sein möchte. Gerade Rachel ist es, die es schafft. Viele Jahre später hat Rachel es geschafft, die überflüssigen Pfunde loszuwerden und sich zur anerkannten TV-Reporterin zu mausern. Nach einem langen Aufenthalt im Ausland ist Clara nach England zurückgekehrt. Die Freundinnen möchten die alten Zeiten wieder aufleben lassen, doch so einfach ist das nicht. Dennoch ist Rachel entsetzt als sie während der Vorbereitungen auf einen Life-Report erfährt, dass es genau um ihre beste Freundin geht, die verschwunden ist.

Psychospielchen unter Kindern sind nicht unbedingt etwas Unbekanntes, gerade bei Mädchen scheint sich oft eine vermeintlich begehrenswerte mit weniger herausragenden Freundinnen zu umgeben, vielleicht um noch mehr zu strahlen. Manchmal kann es geschehen, dass sich die Rollen im Laufe der Zeit umtauschen. Doch immer bleibt es ein Rollenspiel, das eine echte Freundschaft in Frage stellt. Jedenfalls gibt es zwischen Clara und Rachel zweifelhafte Freundschaftsbeweise, die unsicher machen, ob so etwas tatsächlich ein Zeichen von Freundschaft oder Zusammengehörigkeit sein kann. Nicht viel anders ist es zwischen den erwachsenen Frauen. Man fragt sich, wer welches Spielchen spielt und warum. Während die Gedanken kreisen liest sich das Buch ausgesprochen locker und gut. Immer tiefer wird der Leser in den seltsamen Kampf der Freundinnen hineingezogen und fragt sich, ob überhaupt jemand die Oberhand behalten kann und ob sie jemals eine gehabt hat. Die beiden Frauen scheinen sich in nichts nachzustehen. 


Aus Rachels Sicht geschildert, werden einige Vermutungen zur Gewissheit und einige Fragen geben Anlass zu Grübeleien. Der Ausdruck „Beste Freundin“ bekommt in diesem spannenden Roman eine recht eigenartige Bedeutung, der man im richtigen Leben keinen Platz einräumen möchte. Anziehend und abstoßend zugleich und doch eine packende Lektüre.

4 Sterne

Zorneskalt von Colette McBeth
ISBN: 978-3-442-38265-1