Mittwoch, 10. Juni 2015

Laura und Owen

Die McCarthys von Gansett Island sind eine große Familie. Eltern, Kinder, Cousins, Cousinen und auch ihre guten Freunde gehören zu ihrem Leben und ihrer Gemeinschaft. Schon seit einiger Zeit hat Owen, der eigentlich nie länger an einem Ort zu hause ist, das Gefühl, bei Laura möchte er bleiben. Dass sie das Kind eines anderen erwartet und mit diesem auch noch verheiratet ist - egal, sie ist die Eine. Auch Laura geht es nicht viel anders, ihr künftiger Ex-Mann hat sich gleich nach der Hochzeit mit anderen Frauen getroffen und die Ehe ist somit sehr schnell zerbrochen. Laura ist dankbar, dass ihr der attraktive Owen durch die erste schwere Zeit ihrer Schwangerschaft geholfen hat. 

Bei den Büchern um die McCarthys handelt es sich um eine Reihe, die unterdessen schon aus 12 Bänden besteht. Die Geschichten der verschiedenen Familienmitglieder und ihrer Freunde werden dabei warmherzig und fortlaufend erzählt. In jedem der Bücher tritt eines der Paare etwas mehr in den Vordergrund, doch auch die anderen werden nicht außer Acht gelassen. Deshalb mag es günstiger sein, die Bände in der vorgeschlagenen Reihenfolge zu lesen. Unterlässt man das, kann es geschehen, dass der Lauf der Geschichte etwas verworren wirkt. Vielen Pärchen und ihren Verwandten wird nahezu gleich viel Raum eingeräumt, wohingegen die vermeintlichen Hauptpersonen beinahe etwas zu kurz kommen. Ist man also nicht 100%ig in der Reihe drin, wird es doch eher unübersichtlich. Man fragt sich, wer sind die denn? Auch wenn manche sehr prickelnde Storys angerissen werden. 


Es bleibt die sehr schön warmherzige Art der Autorin zu schreiben, die einen die Bücher gerne lesen lassen. Leider blitzte manchmal etwas zu wenig davon auf. Nichtsdestotrotz bleibt die Lektüre sehr unterhaltsam und weckt den Wunsch auf Gansett Island einmal Urlaub zu machen, was nur leider nicht möglich ist, da dieser schöne Ort vor Amerikas Ostküste der Phantasie der Autorin entsprungen ist.

3 Sterne

Season for Love von Marie Force
ISBN: 978-0-9850-3412-2


Dienstag, 9. Juni 2015

Krass

Kann es Zufall sein? Innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums nehmen sich fünf Polizeibeamte verschiedener Inspektionen das Leben. Die BKA-Ermittlerin Johanna Krass wird gebeten sich die Todesfälle einmal genauer anzuschauen, nur um sicher zu gehen, dass nicht mehr dahinter steckt. Aus Wolfsburg stammend und nun in Berlin tätig ist sie besonders geeignet, die Fälle, die eben hauptsächlich an diesen Orten auftraten, zu bearbeiten. Die als mitunter unbequem bekannte Johanna Krass macht sich bald ans Werk und findet schnell einige Ansätze, die wegen der offensichtlichen Todesarten ursprünglich nicht weiter verfolgt wurden. Tatsächlich findet sie Gemeinsamkeiten unter den Todesfällen, die sie veranlassen, die Selbstmordthese abermals genau zu überprüfen.

Unglaublich, welcher Sache Kommissarin Johanna Krass da auf die Spur kommt. Durch geschicktes Nachfragen findet sie Dinge heraus, die sie nie wissen wollte. In dem meisten der Todesfälle deutet nichts im Leben der Verstorbenen auf eine Selbstmordgefährdung hin, im Gegenteil, es schien ihnen gut zu gehen. Nur zögerlich wird Krass von den örtlichen Kollegen unterstützt, doch auf ihre Kollegin Toni kann sie sich verlassen. Und mit jedem Hinweis findet sie langsam auf das Gehör einer Staatsanwältin.


Ebenso wie Kommissarin Krass möchte man als Leser auch einige Dinge nicht wissen, doch die Art und Weise, wie die Autorin ihre Leser mit ihrem Thema konfrontiert, wirkt sehr fesselnd. Man kann es kaum glauben, aber man kann das Buch auch nicht aus der Hand legen. Man wünscht sich einfach, dass ein solches Szenario nicht möglich ist und doch bestehen berechtigte Zweifel an der Unmöglichkeit. Gerade das macht den Reiz dieses Krimis aus. Man beschäftigt sich mit einem anderen Ansatz, man wird eingeladen mal anders zu denken, das Unglaubliche in Betracht zu ziehen. Zwar drängen sich gewisse Lösungsansätze auf und der Schluss kommt sehr realistisch daher, aber die Idee und die Schilderung der akribischen Ermittlungsarbeit bieten spannende Unterhaltung. Sehr guter Krimi, der ermuntert, nicht alles gleich zu glauben.

4 Sterne

Berlin Wolfsburg von Manuela Kuck
ISBN: 978-3-89705-981-8


Sonntag, 7. Juni 2015

Kaltes Frühjahr

Ein älteres Ehepaar wird tot in seiner Wohnung aufgefunden, beide weisen Schusswunden auf, es sieht so aus, als habe der Mann zunächst seine Frau umgebracht und dann sich selbst. Die Ermittlungsgruppe soll eigentlich nur feststellen, dass es sich tatsächlich um einen Selbstmord handelt. Doch bald tauchen Ungereimtheiten auf, die aus der Überprüfung einen Fall werden lassen. Alex Recht, Leiter der Gruppe, deren Fortbestehen auf der Kippe steht, sorgt sich um seine Mitarbeiter. Besonders die schwangere Fredrika Bergman behält er im Blick, ihre Schwangerschaft ist nicht leicht, sie ist kaum in der Lage zu arbeiten. Um ihre Situation zu erleichtern, gibt er ihr die Akte eines Unfallopfers.

Ganz harmlos fängt es an, zwei Ermittlungsaufträge, die eigentlich keine Fälle darstellen dürften, so als solle die Ermittlungsgruppe ihre eigene Überflüssigkeit feststellen. Von den eigenen Problemen und Befürchtungen abgelenkt, beginnen die Kommissare und Fredrika, die eine zivile Angestellte ist, eher lustlos mit den Nachforschungen. Doch schon bald stellt sich heraus, dass die Ergebnisse vielschichtiger und wenige eindeutig sind als zunächst vermutet und der Eifer der Polizisten ist geweckt. Auch wenn sie vielleicht untereinander Konflikte zu lösen haben, sind sie nun mit der Hartnäckigkeit geschulter Spürhunde auf der Suche nach der Lösung.


Zu Beginn eher von den privaten Entwicklungen im Leben der jeweiligen Ermittler geprägt, entwickelt sich dieser Roman bald zu einem packenden Thriller. Mehrdimensionale Entwicklungen führen zu einem fulminanten und so nicht zu erwartenden Finale. Die vergeblichen Versuche etwas zu kitten oder auch nur aufzuhalten bringen Taten hervor, die nur in die Vorstellungswelt der behüteten Normalbürger passen. Viele Kleinigkeiten bilden schließlich ein erschreckendes Bild eines Tathintergrundes. Ein Thriller, der zu Recht hoch gelobt wird.

4 Sterne

Tausendschön von Kristina Ohlsson
ISBN: 978-3-8090-2592-4





Samstag, 6. Juni 2015

Tee Allerlei

Als Gastprofessor erhält Dr. Dr. Adalbert Bietigheim einen Ruf an die ehrwürdige Universität in Cambridge. So recht weiß er nicht, ob er sich darüber freuen soll oder ob er es eher mit der Angst zu tun bekommt, denn seine beiden Vorgänger wurden ermordet. In erster Linie jedoch ist seine Neugier geweckt und sein Wille das Rätsel um die Toten zu lösen. Nebenbei wird er natürlich noch ein paar Lektionen über die Teekultur erteilen. Doch zunächst einmal möchte er sich in der neuen Umgebung heimisch fühlen. Ausgerecht das wird ihm durch verleumderische Presseveröffentlichungen schwerer gemacht als erhofft. Diesen Schreiberling wird der Professor zwingen, die Dinge gerade zu rücken.

Mit erhellenden fast schon erleuchtenden Weisheiten den Tee betreffend, doch auch mit ganz irdischen Dingen erfreut dieser kulinarische Krimi seine Leser. Interessant, zu lesen, was es mit den unterschiedlichen Teesorten auf sich hat, welche Wirkung sie erzielen und was in Wahrheit gar kein Tee ist. Aufbauend auf diesen kleinen aber feinen Weisheiten kann der Leser dem urigen Prof. Dr. Dr. Bietigheim durch das englische Uni-Idyll folgen, unter dessen Oberfläche die Idylle schnell Risse bekommt. Wer hat da mit wem geforscht? Wer hat Neider? Wer ist Neider? Bietigheim sitzt zwischen allen Stühlen, doch sein analytisches Gehirn arbeitet fleißig und präsentiert so manchen Geistesblitz. Kumpel und Bodyguard des Professors Pit Kossitzke ist dann mehr fürs Handfeste zuständig. Und so erlebt der Professor seine Rückkehr nach Cambridge als aufregendes Abenteuer, das seinen Spürsinn auf die rechte Weise beschäftigt.


Ein Krimi, der einlädt, Urlaub zu machen. Man möchte die alte Universitätsstadt besuchen und auf des Professors Spuren wandeln. Gut vorstellbar, sich beim Lesen dieses unterhaltsamen Büchleins, mit einem der „Punts“ über die Cam staken zu lassen, allerdings nicht unbedingt während des häufig erwähnten sich auf verschiedenste Arten ergießenden Regens.

3,5 Sterne

Der letzte Aufguss von Carsten Sebastian Henn
ISBN: 978-3-86612-256-7

Freitag, 5. Juni 2015

Loneliness, Happiness

Auf Jahre verpflichtete sich Arthur Bowman bei der Ostindienkompanie. In Afrika und Asien verdingte er sich als Söldner, ein harter Hund, der beinahe mit Blicken töten konnte. Von seinen Vorgesetzten wird er auf eine Mission geschickt, die nur ein Todesurteil bedeuten kann. Eine Möglichkeit dieses hoffnungslose Unterfange abzulehnen besteht nicht und so begibt sich Bowman mit dreißig Männern auf eine Dschunke, die den Fluss Irrawaddy hinauf fahren soll. Es geht schief, was schief gehen kann und später im Jahr 1859 als Bowman bei der Londoner Polizei als Streifenpolizist tätig ist, ist er nur noch ein kriegsgeschädigtes drogen- und alkoholsüchtiges Wrack. Gerade Bowman jedoch findet eine schwer verstümmelte Leiche und er selbst gerät in Verdacht, den Mord begangen zu haben.

Was für eine Achterbahnfahrt bietet dieser Roman, man ist gezwungen in die gestörte Psyche eines abgehalfterten Soldaten einzutauchen, der doch in entscheidenden Momenten so etwas wie Mitleid zeigt, der die  Fähigkeit besitzt, Urteile nicht zu vollziehen, der für sich selbst auf die Suche nach einer Wahrheit ist. Er ist sich ziemlich sicher, dass er den Mord nicht begangen hat, doch er ist auch fast sicher, dass er den Mörder an der Art des Tötens einer bestimmten Gruppe, zu der er selbst gehört, zuordnen kann. Bowman folgt den Spuren, die diese Männer hinterlassen haben. Immer wieder seiner Sucht nachgebend, beinahe aufgebend und doch hartnäckig in dem Wunsch seine Unschuld zu beweisen. Einen kleinen Trost findet er in Thoreaus Walden, dessen Lektüre ihn zur Ruhe kommen lässt. 


Aufrüttelnde Schilderungen des Soldatenalltags, der Unfähigkeit der Kriegsheimkehrer, das Erlebte zu bewältigen, wechseln sich mit fast zarten Beschreibungen der Landschaft ab. Grausamkeiten, in aller Deutlichkeit dargestellt, stehen einer flirrenden Schönheit gegenüber. Gegensätze, die die Lektüre nicht leicht erträglich werden lassen, die aber außerordentlich fesseln. Eine Geschichte, in die man eintauchen kann, die einen die Hitze des Dschungels ebenso spüren lässt, wie die Kühle der Wälder, die einen die weiten Ebenen der Prärie ebenso sehen lässt, wie die Enge der Städte. Arthur Bowman ist kein Held, dem man sich leicht nähert, mit widersprüchlichen Charaktereigenschaften ausgestattet zeigt er dem Leser seine wahre Größe erst nach einer Durchwanderung der halben Welt. Seine Härte birgt Liebe und Verzeihen in sich und das macht ihn zu einem Helden, der beeindruckt.

4,5 Sterne

Die sieben Leben des Arthur Bowman von Antonin Varenne
ISBN: 978-3-570-10235-0





Donnerstag, 4. Juni 2015

Sarah vom Haus Longbourn

Glücklich und unbeschwert leben die Bennets im Haus Longbourn. Ob ihnen überhaupt bewusst ist, welche Last ihnen ihre wenigen Bediensteten abnehmen? Mr. und Mrs. Hill, die ersten der Diener, Sarah und Polly, die beiden Mädchen. Sie alle arbeiten schwer, von morgens bis zum Abend mühen sie sich, um das Leben der Bennets leicht zu machen und deren manchmal gedankenlos ausgesprochenen Wünsche zu erfüllen. Eine große Erleichterung bringt da die unplanmäßige Einstellung des jungen James Smith, der mit frischen Kräften einige der schwereren Tätigkeiten übernehmen kann. Doch James scheint ein Geheimnis zu umgeben und Sarah setzt Einiges daran, das Rätsel zu lösen.

Viele, die die Geschichte von Elizabeth und Mr. Darcy kennen, können sich mit Interesse diesem Roman zuwenden, in dem die Bennets lediglich den Rahmen bilden für den Einblick in das Leben und Erleben der Dienerschaft. Die, die üblicherweise Randfiguren bleiben, bekommen hier einen Teil der Aufmerksamkeit geschenkt, die ihnen wohl häufiger gebühren würde. Von der Herrschaft zwar nicht schlecht behandelt, müssen Sarah und die anderen Diener doch tüchtig schuften, ohne großen Dank erwarten zu dürfen. Aufgaben werden ihnen aufgebürdet, ohne dass darüber nachgedacht wird, wie das überhaupt zu schaffen ist. Es scheint als sei es den Herrn gleichgültig, dass auch die Diener ein Leben haben, Träume, Wünsche und Gefühle. Genau davon erzählt dieser Roman und lädt die Leser ein, denen die Aufmerksamkeit zu schenken, die sonst schnell vergessen werden.Dabei wartet die Autorin mit einigen Überraschungen auf, die die Protagonisten sehr menschlich und authentisch erscheinen lassen. So könnte es gewesen sein. Ein Haus voller Leben und der angerührte Leser mitten drin. Doch leider leider verändert die Autorin im Verlauf der Handlung ihren Kurs, Exkursionen und Zeitsprünge bringen Unruhe und Verwirrung fast als sei der Handlungsbogen etwas zerfasert, als sollte der Roman auf eben diese Art beschlossen werden, die letztlich nicht zu dem beschaulich und ruhig dahinfließenden Beginn passt.

Dennoch eine wunderschöne phantasieanregende Idee in eine mäandernde Handlung gegossen, zwar kein Muss, doch eine liebenswert abrundende Ergänzung zur Geschichte der Bennets von Longbourn Haus.

3,5 Sterne

Im Hause Longbourn von Jo Baker
ISBN: 978-3-8135-0616-7





Montag, 1. Juni 2015

School's out for ever

Bereits mitte Vierzig ist Willibald Adrian Metzger, man könnte also meinen, er habe die Schulzeit lange hinter sich gelassen. Diese war nicht gerade lustig für den damals dicklichen Metzger, der derjenige war, der in jede Mannschaft als Letzter erwählt wurde. Seltsam, dass ihn sein Arbeitsweg an seiner Schule vorbeiführt und als wollte sich die Zeit in Erinnerung bringen, stolpert der Metzger eines Abends über einen ehemaligen Klassenkameraden. Einen derer, die ihn am meisten drangsalierten. Doch damit ist es nun vorbei, denn der Dobermann ist tot. Entsetzt läuft der Metzger zur Polizei, um gleich die nächste unheimliche Begegnung zu erleben, ihm gegenüber steht sein alter Klassenkamerad Eduard Pospischill.

Nach einigen der Folgebände nun auch zum ersten Band der Reihe vorgedrungen, der bereits verfilmt und im Fernsehen ausgestrahlt wurde, könnte man einige Überraschung empfinden, ob der Schwermut, die die Lektüre verbreitet. Hat der Metzger insgeheim doch unter seiner Schulzeit gelitten, wird er nun in der Mitte des Lebens nochmals mit ihr konfrontiert. Im Guten sowie im Schlechten so scheint es, doch auf jeden Fall muss er sich damit beschäftigen. Mit seiner eigenen Herangehensweise lädt er seine ehemaligen Mitschüler zu einem Klassentreffen ein, anonym natürlich, denn würde er seinen Namen nennen, bestünde doch die nicht unerhebliche Gefahr, dass niemand den Termin wahrnimmt. Erst nach und nach weichen Schwermut und unangenehme Erinnerungen der intensiven Denkarbeit und der Hoffnung auf eine freundlichere Zukunft. Denn bei der Rückkehr in die Schulhallen begegnet er seine fast Jugendliebe Danjela wieder. Als junger Abiturient erschien sie ihm unerreichbar, verheiratet mit dem alten Hausmeister, doch nun verwitwet putzt sie immer noch getreu die alte Schule. Als habe sie dort auf den Metzger gewartet, dass er erscheint, um seiner Vergangenheit zu begegnen.


Es bleibt das Fazit, dass wer den neueren Metzger mit großer Freude und Vergnügen auf sein Lesesofa holt, möglicherweise den Älteren, der eigentlich der Jüngere ist, als etwas träge und gehemmt empfinden wird. Anderen, die die früheren Erlebnisse des Metzgers ergriffen haben, werden die Späteren vielleicht als zu leicht und humorig vorkommen. 

3,5 Sterne

Der Metzger muss nachsitzen von Thomas Raab
ISBN: 978-3-499-24773-6