Samstag, 31. Oktober 2020

Hollywoodland

Der bekannte Schauspieler Wally Reid ist zu Beginn des Jahres 1923 an seiner Drogenabhängigkeit gestorben. Seine Witwe Dorothy muss sich zur Ikone der Hollywood-Magnaten machen, einen unsäglichen Film bewerben und sie darf nichts dazu sagen, welchen Zwängen Wally beim Dreh seiner Filme ausgesetzt war. Doch Dorothy hat genug, sie will, dass Will Hays, der Chef der Produzentenvereinigung, endlich bekommt, was er verdient hat. Dazu soll der deutschstämmige Privatdetektiv Hardy Engel herausfinden, ob und wenn ja, was Hays zu verbergen hat. Für Hardy Engel beginnt eine Suche nach Details, die Hinweise zutage fördert, mit denen keinesfalls zu rechnen war.


In seinem dritten Fall lernt Hardy Engel wahrlich Höhen und Tiefen kennen. Es ist eine schwierige Zeit in Hollywood, ein Film nach dem anderen wird gedreht. Nach der Produktion des Films „The Birth of a Nation“ erleben rassistische Vereinigungen regen Zulauf. In Los Angeles gibt es Mitbürger, die für die Gleichberechtigung aller eintreten, aber auch solche, die davon gar nichts halten. Klar ist für Hardy Engel, dass Will Hays seinen Schauspieler gezwungen hat, immer weiterzuarbeiten, bis dieser erschöpft und drogenabhängig starb. Wally Reids Witwe will Rache, Hays soll dafür bezahlen müssen. Und es soll sich etwas ändern in der Stadt der Engel.


Die frühen 1920er in Kalifornien scheinen doch recht weit weg. Wie überraschend ist es da, welch brisante und auch heute aktuelle Themen der Autor aufgreift. Aus historisch belegten Ansätzen formt Christof Weigold einen spannenden und informativen Kriminalroman. Wobei einem während der Lektüre durchaus manchmal der Atem stockt. Nicht nur um einen Sündenpfuhl scheint es sich bei Stadt Los Angeles zu handeln, sondern auch um einen Schauplatz für politische Intrigen. Es ist schon ein Dickicht, welches Engel zu lichten versucht. Ein ums andere Mal nutzt man nach dem Lesen auch andere Informationsquellen, um erstaunt festzustellen, dass nicht so viel und schon überhaupt nicht alles erfunden ist. Hardy Engel und seine Polly bilden einen fiktionalen Rahmen für einen packenden Rückblick in eine Vergangenheit, deren Themen auch heute noch oder gerade wieder aktuell sind.


4,5 Sterne


Die letzte Geliebte von Christof Weigold

ISBN: 978-3-462-31995-8




Freitag, 30. Oktober 2020

Heikle Ermittlungen

Der ehemalige Antiquar Isaak Rubinstein konnte seine Ähnlichkeit zu dem Sonderermittler der Nazis Adolf Weißmann nutzen und sich in deren Kreise einschleusen. Nun, im April 1942, scheint es an der Zeit, in den Untergrund zu gehen und seine eigentliche Identität wieder anzunehmen. Nur eine Sache noch will Isaak Rubinstein erledigen. Doch eben zu dieser Zeit wird die 18jährige Gisela Hoffmann von ihrer Mutter tot aufgefunden. Dieser Mord in wohlhabenden Kreise erregt auch Aufmerksamkeit in Berlin und von höchster Stelle bekommt Rubinstein alias Weissmann den Befehl, den Mord aufzuklären. Und das, wo Isaak Rubinstein in jedem Moment befürchten muss, enttarnt zu werden.


Bereits zum zweiten Mal wird Isaak Rubinstein in der Person des Adolf Weissmann zum unfreiwilligen Ermittler. Mit Mühe hat er sich einige Nazi-Gewohnheiten angeeignet, doch wie schnell kann es geschehen, dass er sich nicht wie ein erfahrener Ermittler verhält. Er ist ja schließlich einer, der seine kriminalistischen Fähigkeiten eher aus den Kriminalromanen zieht, die er ehedem in seinem Antiquariat angeboten hat. So ist der örtliche Polizist, dem Weissmann vor die Nase gesetzt wird, zum einen nicht begeistert, zum anderen aber auch sehr misstrauisch. Und bald fallen dem Polizisten Köhler einige Ungereimtheiten an angeblich besten Ermittler auf. 


Ob es gelingen konnte, sich als Jude unter den Nazis zu verstecken, mag man bezweifeln, auch wenn vielleicht eine kleine Hoffnung besteht, dass es der eine oder andere geschafft hat. Doch die Geschichte, die die Autorin um ihren Isaak Rubinstein entwickelt, überzeugt. Man bekommt in jedem Moment mit, wie sich die Schlinge um Rubinsteins Hals zusammenzuziehen droht. Wie er immer in Gefahr schwebt aufzufliegen. Dass er dann noch auf einen Fall angesetzt wird, in dem er irgendwie bestehen muss, trägt noch zur Spannung bei. Man spürt Rubinsteins Sehnsucht, den Weissmann abzustreifen, um wieder bei seiner Familie sein zu können. Doch davor will er den Nazis so viel Schaden zufügen wie möglich. Der Gegensatz aus zwei Welten, die Rubinstein gezwungenermaßen in sich vereint, trägt dazu bei, dass die Lektüre dieses Kriminalromans ausgesprochen fesselt und mit ihren authentischen Figuren zu begeistern vermag.


4,5 Sterne


Unter Wölfen Der verborgene Feind von Alex Beer

ISBN: 978-3-8090-2736-2




Samstag, 24. Oktober 2020

Der letzte Wald

Jacinda Greenwood arbeitet als Parkführerin auf Greenwood Island. Über ihren Vater und dessen Familie ist ihr nicht viel bekannt. Es ist ihr auch nicht so wichtig. Viel wichtiger sind ihr die Bäume, die auf Greenwood Island eines der letzten Refugien in einer unwirtlich gewordenen Welt haben. Als Jacindas ehemaliger Verlobter auf die Insel kommt, ist sie nicht übermäßig erfreut. Das Tagebuch, welches er mitbringt, hat angeblich ihrer Großmutter gehört. Es könnte eine Verbindung zu dem unbekannten Teil von Jacindas Familie herstellen. Möglicherweise handelt es sich bei der Namensgleichheit zwischen ihrem Nachnamen und dem Namen der Insel um keinen Zufall.


In einer Welt, in der es immer weniger Bäume gibt, lebt Jacinda Greenwood in einer der letzten Oasen. Leicht ist ihr Leben nicht, sie muss ihre Studienkredite abzahlen und ihr Job hängt von den Bewertungen ab, die die Touristen, die auf Greenwood Island Pilger genannt werden, abgeben. Doch ihre Verbundenheit mit den Bäumen lässt Jacinda viel ertragen. Das Tagebuch bietet ihr einen Ausweg, eine Verlockung und jede Menge Informationen über ihren Vater und dessen Herkunft. Jacinda ist unsicher, ob sie das Angebot ihres ehemaligen Verlobten annehmen soll. Doch zunächst taucht sie in das Tagebuch und alle weiteren Informationen ein, die sie bekommen hat.


Mit dem ungewöhnlichen Aufbau seines Buches fesselt der Autor seine Leser. Werden zunächst eher Fragen aufgeworfen, muss eine Weile auf die Antwort gewartet werden. Dabei komponiert der Autor eine Familiengeschichte, die so eigentlich nicht stattgefunden haben kann. Allerdings gewinnt die Handlung gerade dadurch an geheimnisvoller Dunkelheit. Man dringt in die Tiefe der Geschichte der Familie Greenwood ein. Über mehrere Generationen entfaltet sich ein Drama, für das es eigentlich kein glückliches Ende geben kann. Haben die Greenwoods jemals glückliche Zeiten erlebt? Bemerkenswert ist ihr Bezug zu den Bäumen und Wäldern, wie unterschiedlich die Familienmitglieder die Bäume sehen, als Lieferant von Holz und Wohlstand, als Lebensgrundlage, die es zu erhalten und zu schützen gilt. Planzen und fällen sind wie zwei Seiten der Geschichte. 

Auch wenn es ein paar Ungereimtheiten gibt, so ist dieser Roman doch sehr spannend und in mit seiner Dramatik ergreifend.


4 Sterne


Das Flüstern der Bäume von Michael Christie

ISBN: 978-3-3286-0079-4




Dienstag, 20. Oktober 2020

Höllenritt

Der Industrielle Gregory Winter wird kurz nachdem er sein Unternehmen sehr erfolgreich verkauft hat brutal ermordet. Es geschah nach einer Party, zu der auch der momentan nicht ganz so erfolgreiche Autor Michael Landorff eingeladen war. Dessen neue Agentin Melissa, die manchmal zu dem Schluss kommt, nur ein toter Autor könne für Auflagen sorgen, gibt Landorff den Auftrag, Nachforschungen zu dem Mord anzustellen und dann ein Buch darüber zu schreiben. Landorff, der überrascht war, auf der Gästeliste zu stehen, weiß zunächst nicht, wo er anfangen soll. Wie auch ein Polizist beginnen würde, sucht er die Menschen aus dem näheren Umfeld des Toten auf.


Bei seinen Untersuchungen trifft Landorff auf die professionelle Pokerspielerin Alexandra Buschmann. Beide waren zu der Party eingeladen, obwohl sie keinen Bezug zu dem Gastgeber hatten. Wurde ihr Zusammentreffen absichtlich herbeigeführt. Jedenfalls ergänzen sich Landorffs journalistische Fähigkeiten mit der exakten Beobachtungsgabe und dem analytischen Denken Buschmanns, die immerhin von ihrem Spiel leben kann. Michael Landorffs Traum von einer großen Veröffentlichung, kann in Erfüllung gehen, wenn er und Alexandra es schaffen, die Suche nach dem Täter lebend zu überstehen. Das stellt sich als schwieriger heraus als geahnt, denn es gibt Beteiligte, die ihre Motive um jeden Preis verdecken wollen.


Ein Abenteuer mit ordentlich Thrill. Wenn man andere Bücher des Autors kennt, weiß man, das beste Unterhaltung garantiert ist. Es fängt recht harmlos an, da der Protagonist erstmal eingeführt wird. Ein Autor, der um die nächste Veröffentlichung kämpft und es dabei nicht leicht hat. Und eben dieser Autor gerät in eine brisante Ermittlung, bei der der Todesfall nur der Ausgangspunkt zu einer größeren Sache ist. Mit seinen neuen Hauptpersonen Michael Landorff und Alexandra Buschmann hat der Autor ein sympathisches Team zusammengebracht, deren abenteuerliche Ermittlung ausgesprochen packend ist. Noch im Laufe der Lektüre ist man geneigt, so einige der verwendeten Ausdrücke nachzuschlagen, um mit Erstaunen und Erschauern festzustellen, dass etliche Ansätze nicht so sehr weit hergeholt sind. Das Abenteuer nimmt seinen überraschenden Lauf und das rasant erzählte Finale lässt keine Wünsche offen.


4,5 Sterne


Das Tartarus-Projekt von Gerd Schilddorfer

ISBN: 978-3-8000-9001-3




Samstag, 17. Oktober 2020

Göttliche Tragödie

Kommissar Viktor Puppe, von seinem Kollegen Kenji Tokugawa gerne mal als Besserwisser bezeichnet, bekommt es mit einem Mord zu tun, dessen Grausamkeit jede Phantasie übersteigt. Bis ein zweites Opfer gefunden wird. Zunächst scheint der einzige Zusammenhang in einer Folge römischer Ziffern zu bestehen, welche beiden Leichen beigegeben waren. Die ehemalige Kollegin und jetzige Chefin der Beiden Begüm Duran hat einen anderen Ermittlungsansatz, welcher sie zu einem beruflichen Wettstreit mit der Gerichtsmedizinerin Stella Samson führt. Viktor und Ken sind also meist zu zweit auf der Suche nach dem Täter. Dabei führt eine Spur an eine renommierte Schule.


In diesem Band ermitteln Viktor (von) Puppe und Kenji Tokugawa zum dritten Mal. Die beiden Kommissare müssen eine Reihe von Todesfällen aufklären, für die sie ihre ganzen Fähigkeiten brauchen. Besonders Viktor mit seinem Allgemeinwissen kann einige Teile des Puzzles zusammenfügen. Doch ohne Kenji würde er nicht so richtig vorankommen, auch wenn Kenjis loses Mundwerk nicht immer passend, aber meistens treffend funktioniert. Die gewitzte, aber manchmal aufbrausende Begüm fehlt manchmal. Sie muss sich noch auf ihrem neuen Chefposten zurechtfinden und einige Seminare besuchen. Und dann ist da noch ihre Rivalität zu Stella, die sie in unwegsames Gelände führt.


Dieser klug aufgebaute Thriller fesselt so, dass man ihn nach einiger Zeit nicht mehr aus der Hand legen mag. Die drei Ermittler sind einem aus den vorherigen Bänden ans Herz gewachsen und so einiges, was sie hier erleben müssen, ist auch für die erfahrenen Ermittler nicht leicht zu ertragen. Einiges, was man sich als Leser nicht allzu genau vorstellen möchte, was aber dazu beiträgt, in jedem Moment wissen zu wollen, wie es auf der nächsten Seite weitergeht. Der Fall erweist sich als äußerst spannend und auch die Geschichte Viktors, Kenjis und Begüms wird so weitererzählt, dass man gebannt folgt. Ob jede Wendung den Geschmack trifft, muss natürlich jeder selbst entscheiden, aber insgesamt ist dieser Roman sehr spannend und interessant. Ein toller Abschluss für ein tolles und liebenswertes Team.


4 Sterne


Der Todesbruder von Thomas Elbel

ISBN: 978-3-7341-0861-7






Sonntag, 11. Oktober 2020

Der Virtuose

Inspector Ian Frey kommt aus gutem Haus. Zwar hat er weder das Medizin- noch das Jurastudium beendet, aber bei der Polizei will er es schaffen und seine Vorbildung kommt ihm zugute. Doch plötzlich fällt sein Leben auseinander, seine Verlobte macht mit ihm Schluss und sein Vorgesetzter will ihn loswerden. Freys einzige Chance ist die Versetzung nach Schottland, um dem dortigen Leiter der Ermittlung McGray zur Hand zu gehen. Welch ein Abstieg. Der angesehene und feine Londoner bei den Rüpeln aus dem Norden. Dass er den Rüpeln als verweichlichtes Mädel aus der Stadt könnte, kommt ihm nicht in den Sinn.


Im ersten Fall von Frey und McGray wird ein Geigenvirtuose grausam ermordet. Weil der Fall irgendwie mystisch anmutet, wurde er McGray übergeben. Und der Chef will Antworten sehen. Frey und McGray sind sich zunächst nicht grün. Dazu muss McGray den feinen Londoner auch noch beherbergen, was ihm nicht passt. Ebenso wenig passt es ihm, wenn Frey sich über das Essen beklagt. Zumindest für ihre Nachforschungen raufen sie sich zusammen. Man schreibt das Jahr 1888 und in London treibt der Ripper sein Unwesen. Hat er sein Revier etwa nach Edinburgh verlegt?


Eine Krimihandlung im viktorianischen England anzusiedeln ist vielleicht keine ganz neue Idee, doch ein so ungleiches Ermittlerpaar bestehend aus einen feingeistigen Londoner und einem etwas unzivilisierten Schotten hat schon was. Dazu noch der rätselhafte Mord an dem Geiger, der wertvolle Instrumente zu vererben hat. Die Einzelteile bilden einen vielversprechenden Ansatzpunkt. Doch die Entwicklung der Handlung und der Aufbau erfolgen doch ein wenig zu langsam. Einige Nebenfiguren wirken zu exzentrisch. Zum Glück ist der Fall um den toten Geiger wirklich interessant und die Lösung unvorhersehbar. Das spannende Finale trägt ein Übriges dazu bei, dass dieser Kriminalroman doch bis zum Ende fesselt. Die skurrilen Ermittler machen durchaus neugierig, wie sie sich als Team weiterentwickeln werden.


3 Sterne


Die Schatten von Edinburgh von Oscar de Muriel

ISBN: 978-3-442-48505-5




Samstag, 10. Oktober 2020

Chef am Spieß

Loretta geht es richtig gut mit ihrem Freund Pascal und Kater Baghira. Alles wäre bestens, wenn da nicht diese beiden neuen Kolleginnen wären, die sich fast so benehmen, als würde ihnen das Callcenter gehören. Bald erfährt Loretta von ihrem Chef Dennis, dass er bedroht wird und es auch schon unschöne Besuche an seinem Wohnhaus gegeben hat. Die beiden Neuen sind quasi eingeschleust worden, um die Übernahme seiner Firma vorzubereiten. Obwohl Loretta eigentlich nicht mehr Detektiv spielen wollte, werden sie und ihre Freunde natürlich etwas unternehmen, um Dennis zu helfen.


Bereits zum fünften Mal schlittern Loretta und ihre Freunde in einen Fall. Mit Erwin dem ehemaligen Polizisten haben sie zumindest einen vom Fach in ihren Reihe. Die normale Polizei will Dennis noch nicht einschalten. Es gibt ja auch keinen richtigen Fall, wenn Dennis nichts sagt. Was kann Loretta tun? Immerhin hat sie einige Erfahrungen und für ausgefallene Ideen ist sie immer gut. Und so schmieden sie einen Plan, der die schauspielerischen Fähigkeiten ihres Team einfordert. Zunächst erscheint das Geschehen, wie ein großer Spaß, wenn auch mit einem ernsten Hintergrund. 


Diesmal haut es richtig rein. Dennis in Gefahr, seine Firma in Gefahr und damit auch Lorettas Arbeit. Natürlich muss man da was tun, aber kann man sich auch zu weit vorwagen. Und was ist mit Lorettas Wunsch, auch ohne Fälle auskommen zu wollen. Es pendelt ein wenig zwischen Spaß und Erst, zwischen Bestreben, Dennis zu helfen, und eigentlich lieber mit Pascal an der Zukunft zu feilen. Bei Gegnern, die mit etlichen Wassern gewaschen sind, kann das auch mal zu einer falschen Einschätzung führen. Für eine sonst eher lustige Krimi-Reihe wird es hier für Loretta doch etwas zu ernst. Da haben andere ihrer Fälle mehr Spaß bereitet.


3,5 Sterne


Tote Hippe an der Strippe von Lotte Minck

ISBN: 978-3-7700-1525-2