Mittwoch, 31. Januar 2018

Woher kommen wir

Edmund Kirsch, ein ehemaliger Student von Professor Robert Langdon, hat geladen. Im Rahmen einer Präsentation möchte er von seiner neuesten und größten Entdeckung erzählt. Zuvor schon hat er diese Vertretern der drei großen Kirchen vorgestellt. Bei diesen löst die herausragende Entdeckung großes Entsetzen aus, sie sehen unser heute gültiges Weltbild bedroht. Gerne reist Langdon nach Spanien, um der Präsentation beizuwohnen. Es herrscht eine gespannte Stimmung als Edmund Kirsch mit seiner Vorstellung beginnt. Zu diesem Zeitpunkt hat Robert Langdon bereits Bekanntschaft mit einer eloquenten künstlichen Intelligenz namens Winston gemacht.

Zum fünften mal stolpert Robert Langdon eher zufällig in ein aufregendes und gefährliches Abenteuer. Wandelt er sonst auf den Spuren der Vergangenheit, wird er diesmal in eine Zukunft gelockt, von der man natürlich noch nicht weiß, ob und wie sie eintreten wird. Edmund Kirsch als Zukunftsforscher hat eine Idee, eine Utopie entwickelt, die die Welt verändern könnte. Entsteht daraus eine Bedrohung oder eine positive Sicht in die Zukunft. Man weiß es nicht, da die Präsentation abbricht bevor sie beendet ist. Gemeinsam mit Ambra Vidal flieht Robert Langdon, um die Präsentation zu retten. Es beginnt eine spannende Jagd.

Zwar hat Dan Brown mit seinem neuesten Buch das Rad nicht neu erfunden, dennoch schafft er eine spannende Flucht oder Jagd, je nach Blickwinkel. Ein packendes Mysterium, das es zu enträtseln gilt. Eine Reflexion über die Monarchie und andere Themen der modernen Welt. Wie hat Edmund seine Präsentation vorher geplant, was entspringt anderen Prozessen. Ansatzpunkte, die zum Nachdenken anregen, insbesondere wie groß die Fähigkeiten zum Lernen oder zum Ableiten aus Erfahrungen werden sollen, die man künstlichen Intelligenzen gibt. Ob man lieber nach der Lösung von Rätseln aus alten Zeiten sucht oder die Probleme künftiger Welten zu bewältigen sucht, ist natürlich Geschmacksache. Ist man allerdings offen, wird dieser Roman nicht enttäuschen.


Die Handlung bestens interpretiert hat Wolfgang Pampel, dessen sonore Stimme etwas Unverwechselbares hat.

4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

Origin von Dan Brown
ISBN: 978-3-7857-5600-3


Dienstag, 30. Januar 2018

Sackgasse

An einem College in Cambridge begehen mehrere Studenten Selbstmord. Jedes Mal wählen sie dabei eine ganz besonders grausame Art zu sterben. Die junge Polizistin Lacey Flint wird undercover an die Uni geschickt. Ermitteln soll sie nicht, wenn sie herausfände, wieso die jungen Menschen plötzlich so eine Todessehnsucht empfinden, hätte allerdings niemand etwas dagegen. Die Einzige, die von Laceys Einsatz weiß, ist die Psychologin Evi. Diese ist nach einem Unfall von Schmerzen geplagt. Und einige der jungen Menschen, die versucht haben sich umzubringen, waren bei ihr in Behandlung. Als Führungsbeamter agiert Mark Joesbury, der nach einem gefährlichen Einsatz noch nicht wieder völlig fit ist.

Eine ungewöhnlich lange Reihe von Selbstmorden in relativ kurzer Zeit ruft die Ermittler auf den Plan. Das hin und wieder ein labiler Mensch an der Uni nicht klarkommt, kann schon mal sein. Aber diese Zusammenballung schrecklicher Selbsttötungen impliziert, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann. Was (oder etwa wer?) treibt junge Menschen vornehmlich junge Frauen in den Tod? Lacey als vermeintliche Studentin ist vor Ort. Natürlich untersucht sie doch, was in den letzten Stunden oder Minuten vor dem Tod zweier junger Frauen geschehen ist. Wie würde sie handeln? Ist es überhaupt möglich, dass die Handlungen so abgelaufen sind? Mit der ihr eigenen Gründlichkeit stößt Lacey zumindest auf Ungereimtheiten.

Nur über wenige Tage zieht sich die Handlung. Schnelle Ortswechseln bringen Lebhaftigkeit und Spannung. Das Verhalten von Joesbury gibt manchmal Rätsel auf. Um die Schwingungen, die zwischen ihm und Lacey bestehen, besser zu verstehen, könnte es sinnvoll sein, zunächst den ersten Teil der Reihe zu lesen. Für das Verständnis des Falles ist dieses nicht notwendig. Was sich hier allerdings auftut ist schon harter Tobak. Zwar wird manches zu schnell abgehandelt und nicht so eingehend erläutert. Doch die Ermittlungsarbeit von Lacey ist mitreißend geschildert und wenn man jedoch einen spannungsgeladenen Thriller sucht, der jedwede Form der Langeweile verscheucht, ist man mit diesen Roman bestens bedient. 


4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

Dead End von Sharon Bolton
ISBN: 978-3-442-54715-9




Sonntag, 28. Januar 2018

Eine Nichte verschwindet

Peter Hogart arbeitet als selbstständiger Versicherungsdetektiv. Die meisten seiner Fälle sind eher Routine. Doch manche sind wirklich nervenaufreibend. Und gerade bei einem der letzteren Fälle hat Hogart die Lage ungünstig eingeschätzt. Für die Versicherungen ist er daher nicht immer die  erste Wahl. Nun sind in Prag mehrere höchst wertvolle Gemälde dem Vernehmen nach verbrannt. Eine Katastrophe, die einer genauen Untersuchung bedarf. Diese sollte eigentlich die Nichte des Chefs durchführen. Kurz nachdem sie meldete, der Fall sei gelöst, verschwindet sie spurlos. Hogarts Aufgabe ist es, das Schicksal der jungen Frau zu klären und nachzuvollziehen, was mit den Bildern geschehen ist. 

Bereits im Jahr 2007 geschrieben und als ebook veröffentlicht freut sich der Autor nun über diese Taschenbuchausgabe. Der Versicherungsdetektiv Peter Hogart ermittelt hier in seinem ersten Fall. Von Wien wird er nach Prag geschickt. Für Hogart ist es nicht der erste Besuch in dieser schönen Stadt. Er wandelt dann nicht nur auf den Spuren der verschwundenen Alexandra Schelling, sondern auch auf den seiner Jugendreise. Er erzählt den Lesern von seinem Prag, den Gassen und Wegen, den schönen Orten, den Veränderungen. Seine Kollegin findet er sobald nicht, allerdings lernt er die Privatdetektivin Ivona Markovic kennen, die einer ganz anderen Sache auf der Spur ist.


Mit Peter Hogart stellt der Autor einen neuen oder besser alten Protagonisten vor, der dem Leser schnell sympathisch wird. In Beziehungsdingen gescheitert, als Ermittler gewieft, Familienmensch nur, wenn er sich mit seinem Bruder und dessen Tochter verabredet. Da könnte die neue Bekanntschaft mit der Pragerin Ivona einen Neuanfang bedeuten. Doch erstmal gilt es das Rätsel um die verschwundene Kollegin und die Bilder zu lösen. Daran begibt sich Hogart auf fesselnde Weise. Natürlich entwickelt sich ein Autor beim Schreiben weiter und so ist dieses ältere Buch durchaus anders als eines der neueren. Zu Beginn der Handlung könnte man beinahe meinen, man sei in eine Reisebeschreibung geraten, das wirkt für einen Kriminalroman etwas raumgreifend, macht aber gleichzeitig Lust, sich die Schauplätze selbst einmal anzuschauen, kann so ganz verkehrt also auch nicht sein. Dieser Eindruck verfliegt auch recht schnell, wenn Hogart und Markovic nach und nach die Hintergründe einer perfiden Mordserie entschlüsseln. Zwar ist das gewählte Thema nicht so neu, aber dennoch so packend umgesetzt, dass man als Leser nicht von der Lektüre lassen kann.

4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

Die schwarze Dame von Andreas Gruber
ISBN: 978-3-442-48026-5


Samstag, 27. Januar 2018

Familienkrieg

Mehrere Jahre war Cass verschwunden, mit ihrer Heimkehr haben ihre Eltern nicht mehr gerechnet. Doch eines Tages steht sie vor der Tür. Ihre Mutter reißt sie förmlich an sich, schließlich ist eine totgeglaubte wieder auferstanden. Doch Emma die ältere Schwester bleibt verschwunden. Es ist Cass’ einziger Wunsch: Findet Emma! Die Psychologin Abby Winter beginnt mit den Befragungen. Sie versucht, die Erzählung von Cass zu durchdringen, zu deuten und den entscheidenden Hinweis auf Emmas Aufenthaltsort zu finden. Irgendwie jedoch fühlt Abby sich nicht wohl mit Cass’ Geschichte. Geprägt von ihren eigenen Erfahrungen und Forschungen ergründet Abby, was sich hinter den blanken Worten verbergen kann.

In der Familie Martin herrscht eine Art Krieg. Mrs Martin, Cass’ Mutter, zum zweiten Mal verheiratet, kämpft mit allen Mitteln um ihre Position. Stets muss die die Beste und Schönste sein, nur so kann sie sich beruhigen. Doch schien es so, dass je älter ihre beiden Töchter wurden, desto größer war die Konkurrenz, die der Mutter daraus erwachsen konnte. Und das schien nicht die einzige Schwierigkeit zu sein, der diese Patchwork-Familie ausgesetzt war. Da sind noch Vater und Stiefvater, Bruder und Ziehbruder, die auf ihre Weise zu Manipulation und Intrige beitragen. Vielleicht war es die einzige Möglichkeit zu überleben, möglichst weit entfernt zu sein. Oder war alles noch ganz anders?


Aus Sicht von Cass und Abby wird Emmas Geschichte entschlüsselt. Aus einer etwas ausufernden und beschreibenden Erzählung über Emmas Leben, entwickelt sich ein spannendes Familiendrama, das nicht fröhlich stimmt. Wie soll man die Jugend überstehen, wenn sich einem Steine in den Weg legen, die das Leben schwer werden lassen. Wie soll man sich gegen Mütter stemmen, die nur ihre eigenen Zwecke im Sinn haben. Wie soll Emma gefunden werden? Die psychologischen Spannungen in der Familie werden geschickt in immer feineren Facetten beschrieben. Ob man sich als Leser jedoch in diese Strömungen innerhalb der Familie hinein fühlen kann, bleibt schließlich jedem selbst überlassen. Gewiss ein spannendes Psychodrama, das möglicherweise nicht Jedermanns oder Jederfraus Sache ist. 

3 Sterne (🐳🐳🐳)

Kalte Seele, dunkles Herz von Wendy Walker
ISBN: 978-3-651-02557-8


Freitag, 26. Januar 2018

Wissen

Als CIA-Innendienstmitarbeiterin hat Vivien einen verantwortungsvollen Job. Ihr Mann Matt ist ihr eine große Stütze, hauptsächlich kümmert er sich um ihre vier Kinder. Diese sind alle sehr wohlgeraten, nur einer der Zwillinge hat seit seiner Geburt gesundheitliche Probleme, ein kleiner Sonnenschein und gleichzeitig ein Sorgenkind. Viviens Familie braucht ihren Job und Vivien macht ihre Arbeit gerne, auch wenn sie die Kinder in jedem Moment vermisst. Sie ist gut in ihrer Arbeit, sie hat einen Algorithmus entwickelt, mit dem die Agency hofft, Russische Schläfer zu enttarnen. Und Vivien schafft es, sie dringt in den Computers eines Führungsoffiziers ein, sie enttarnt fünf Schläfer und einer davon ist ihr Mann.

Man stelle sich das vor, ein geliebtes Familienmitglied ist überhaupt nicht der, der er immer behauptet hat. Man beginnt zu zweifeln, ob das lustige Kennenlernen nicht auf auf einer Lüge beruht. Möglicherweise beruht alles auf Lügen, die Liebe, die Kinder, das Haus. Viviens Welt bricht zusammen. Schlimmer wird es noch dadurch, dass Matt sofort zugibt, für die Russen zu arbeiten. Das beste wäre es, Vivien würde ihn an die Behörden ausliefern. Aber soll und will Vivien ihre Familie, ihr ganzes Leben aufgeben. Ihre Sicherheit, ihr Liebe zu Matt, der doch ein treu sorgender Ehemann und Vater ist. Schon diese Entscheidung ist unendlich schwer und es folgen weitere.

Anscheinend ist das Problem mit den Russen noch nicht gelöst. Auf sehr spannende Art und Weise erinnert die Autorin daran, dass Geheimdienste immer noch dabei sind, sich gegenseitig auszuspionieren. Der alte Feind Russland ruht nicht, er plant langfristig, er ist geduldig und er schlägt zu, wenn sich die Möglichkeit bietet. Einen besonderen Twist bringt die Variante, mit einem Schläfer eine uramerikanische Familie zu gründen. Die blonde Versuchung oder auch eine dunkelhaarige ist hier mal keine Frau, sondern ein Mann. Während der gesamten Lektüre überlegt man, wie man sich selbst in einer solchen Situation fühlen würde, wie man selbst handeln würde. Hin und hergerissen zwischen Pflicht und Familie, ein unlösbarer Konflikt wie es scheint. Wem gilt die Loyalität? Dem eigenen Mann, dem eigenen Land? Wie würde man selbst entscheiden. Und meint man, alles gelingt allzu gut, so wird man von der Autorin doch eines besseren belehrt. 


Ein fesselnder Thriller, der zwar wirkt wie aus dem kalten Krieg, den man überwunden geglaubt hat, der jedoch anscheinend nichts an Aktualität eingebüßt hat. Lesenswert. 

4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

Need to know von Karen Cleveland
ISBN: 978-1-5247-9703-4



Und inzwischen ist das Buch auch auf Deutsch erschienen:




Donnerstag, 25. Januar 2018

Schlepper

Ein Kühllaster mit mehreren jungen Frauen trifft in London ein. Der Fahrer war nicht in der Lage, den Thermostat richtig einzustellen. Die Frauen auf der Ladefläche sterben an Unterkühlung. Als Detective Max Wolfe an dem Fahrzeug ankommt, ist eine Frau, die wohl im Führerhaus saß geflohen, eine gerade noch am Leben und elf weitere bereits verstorben. Niemand möchte in so eine Situation gelangen. Doch Max hält der jungen Frau die Hand. Leider schafft auch Hana es nicht, doch sie ist die Einzige, die identifiziert werden kann, weil ihr Paß echt war. Sie wollte Krankenschwester werden. 

In seinem vierten Auftritt ermittelt Detective Max Wolfe im Milieu der Menschenschleuser. Junge Frauen werden aus ihren Heimatländern gelockt, um in die Prostitution getrieben zu werden. Ein grausames Geschäft, in dem ein Menschenleben nichts zählt. Die Ware muss ihre Arbeitskraft in welcher Form auch immer liefern und Verluste werden in Kauf genommen. Wolfe ist entsetzt über das, was er in Erfahrung bringt. Letztlich kann der Staat nicht viel tun. Wie soll verhindert werden, dass die Schönsten der Dörfer den Lügen und leeren Versprechungen der Gangster aufsitzen. Da scheint es kaum eine reelle Chance zu geben. 

Zu Beginn fühlt man sich an den Fall der Flüchtlinge erinnert, die tot in einem LKW aufgefunden worden. Auch wenn es sich nur um einen Roman handelt packt einen doch das Grauen. Sehr schlimm muss es sein, wenn man merkt, dass man nicht aus der Kälte entkommen kann. Das gelobte Land wird zu einem kalten Sarg. Die großen Hoffnungen, die strahlenden Augen zu Beginn der Reise, zerstört, erloschen. Man kann verstehen, dass Wolfe mit großer Verbissenheit versucht die Hintergründe zu ermitteln. Solche üblen Täter möchte man hinter Gittern wissen, auch wenn klar ist, dass ein gelöster Fall lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Doch man denkt auch, steter Tropfen höhlt den Stein. Und so kann jede Verhaftung helfen, einem Menschen das Leben zu retten. Der düsteren Stimmung, die über dem Fall hängt, kann man sich kaum entziehen. Je tiefer Max vordringt, desto schlimmer werden seine Entdeckungen. 


Auch wenn Tochter und Hund Licht und Lebendigkeit in Max Wolfes Leben bringen, fordert dieser harte Krimi dem Leser ab, sich mit einem Thema auseinander zu setzen, von dem einem am Liebsten wäre, es würde nicht existieren, weil es Mensch einfach nicht nötig haben sollten, sich in die Hände solch perfider Menschenhändler begeben zu müssen.

4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

In eisiger Nacht von Tony Parsons
ISBN: 978-3-7325-4992-4


Mittwoch, 24. Januar 2018

Dörfchen

Hochschwanger soll Pia Korittki eher Bürodienst versehen. Als jedoch in dem kleinen Ort Düsterbruch ein Selbstmord gemeldet wird ist Pia sehr froh, mal wieder heraus zu kommen. Gemeinsam mit einem Kollegen befragt sie Verwandte, Nachbarn und andere Dorfbewohner. Der Sohn, der eigentlich kurz vor der Hochzeit stand, ist entsetzt. Und die anderen Befragten können sich nicht erklären wieso die alte Dame gerade diesen Zeitpunkt für ihre Tat wählte und erst recht nicht wissen sie, was sie überhaupt dazu gebracht hat. Da sich jedoch keine weiteren Anhaltspunkte ergeben, wird die Untersuchung geschlossen.

Pia Korittki arbeitet durch, das ist schon ungewöhnlich, aber sie tut es auf eigene Verantwortung. Mit dem Mutterschutz weiß sie nichts so recht anzufangen. Und so stürzt sie sich in die Arbeit wie man es von ihr kennt. In einem Dorf sollte doch noch eine heile Welt herrschen. Eigentlich kann niemand den Wunsch haben, sich selbst umzubringen. Schon garnicht in so einem kleinen Ort, wo jeder jeden kennt und die Nachbarschaft zusammenhält und die Menschen sich gegenseitig unterstützen. Dennoch ist es geschehen. Es lässt Pia keine Ruhe, sie will das Geheimnis der alten Frau erfahren. Auch wenn nicht sofort alles nach Plan läuft, als nach einer Weile ein weiterer Toter gefunden wird, geht Pia der Sache auf den Grund.

In ihrem siebten Fall ermittelt Pia Korittki gekonnt und präzise so wie man es von ihr gewohnt ist. Sie versucht hinter die Fassade der Dorfbewohner zu blicken und die Zusammenhänge zu ergründen oder auch deren nicht vorhanden sein nachzuweisen. Manchmal ist sie den anderen einen entscheidenden Schritt voraus. Andere Male ist es eher der Zufall, der ihr weiterhilft. Von der Schwangerschaft lässt sich Pia nicht bremsen, schließlich ist sie nicht krank. Und mit ihrer großen Energie überzeugt Pia als Ermittlerin und als Mensch. Auch in diesem Fall führen einige Hinweise in die Vergangenheit zurück.


Die Serie um Pia Korittki ist immer lesenswert. Das Leben der Kommissarin wird lebensnah geschildert, ihre Überforderung als angehende Mutter, ihre Dienstbeflissenheit, ihre Gewitztheit. Allerdings werden einige Ansätze des Falles sehr ausführlich ausgearbeitet, während andere eher nebenbei abgehandelt werden, so dass man sich fragt, wieso sie überhaupt angeführt werden. Sehr geschickt ist dagegen der Bogen in die Vergangenheit gespannt, je mehr hier zu erfahren ist, desto klarer werden die Beweggründe, nach welchen die Dorfbewohner handeln. 

3,5 Sterne (🐳🐳🐳+)

Düsterbruch von Eva Almstädt
ISBN: 978-3-404-14555-1


Dienstag, 23. Januar 2018

Die Anwältin

Von Tisch und Bett sind sie getrennt, die Anwältin Rachel Eisenberg und ihr Mann. Da sich die Auslösung der gemeinsamen Anwaltskanzlei als schwierig erwies, geht es hier vereint weiter. Jeder neue Fall kann nur Gutes bringen. Als ein Obdachloser unter Mordverdacht gerät, übernimmt Rachel Eisenberg den Fall. Ihre Überraschung ist ausgesprochen groß als sie in dem Beschuldigten einen ehemaligen Bekannten wieder erkennt. Nie würde sie ihm einen Mord zutrauen und so ist sie mit Feuer und Flamme dabei, der Anklage ihre eigenen Argumente entgegen zu setzen.

Wenn man die amüsant witzigen Regional-Kriminalromane um Kommissar Wallner kennt, mit denen der Autor uns erfreut, geht man mit einigen Erwartungen an diese neue Reihe heran. Die Anwältin Rachel Eisenberg gewinnt dabei schnell die Sympathie. Schwerer wird es da schon für den Fall, der um Einiges düsterer daherkommt als gewohnt. Der obdachlose Heiko Gerlach scheint der passende Sündenbock zu sein und wegen der alten Bekanntschaft legt sich Eisenberg sehr für ihn ins Zeug. Manchmal stehen dabei die ermittelnden Polizisten etwas dumm da und man beginnt sich zu fragen, ob sie tatsächlich so betriebsblind sein können, dass sie angesichts einer offensichtlichen Lösung die Augen vor allen anderen Hinweisen verschließen. Und wenn der Fall auch lange interessant und schlüssig wirkt, nimmt er dann eine Wendung, der man nicht mehr wirklich zu folgen vermag. Dazu kommen Rückblenden, die fast in Vergessenheit geraten, bis sie schließlich erläutert werden. 

Ob der Roman im Printformat besser zu genießen ist, ist eine Frage, die sich hier ausnahmsweise tatsächlich stellt. Vom selben Vorleser vorgetragen, wie die Wallner Hörbücher, kommt eben dieser Wallner einem immer wieder in den Kopf, wenn man der Stimme lauscht. Ob gewollt oder nicht, wirkt der Vortrag doch humorig und das verträgt sich nicht so gut mit der Handlung. Diese wirkt durchaus ernsthaft, mehr wie ein Thriller. 

Wenn man die Wallner-Krimis gerne liest, wird man sich mit dem ersten Fall um Rachel Eisenberg möglicherweise etwas schwer anfreunden. 


3 Sterne (🐳🐳🐳)

Eisenberg von Andreas Föhr
ISBN: 978-3-8398-1456-7


Sonntag, 21. Januar 2018

Starke Frau

Schon als Kind hat es Olga nicht leicht, sie wächst eher bei der Nachbarin auf, ihre Eltern sterben früh, bei der Großmutter fühlt sie sich nicht angenommen. Erst als die Kinder des Gutsherrn in der Schule aufgenommen werden, die als anderen Gründen Außenseiter sind, entsteht für Olga ein Gefühl der Zugehörigkeit. Lange sind sie unzertrennlich Olga, Herbert und Viktoria. Nur wegen einer Bemerkung Viktorias beginnt Herbert Olga mit anderen Augen zu sehen. Doch im ausgehenden 19. Jahrhundert kann ihre Beziehung keine Zukunft haben. Olga schafft es, ein Studium zu absolvieren und eine Anstellung als Lehrerin zu finden. Herbert dagegen entwickelt sich zum Abenteurer und Forschungsreisenden. 

Lange Jahre umspannt diese Geschichte, Olgas Leben und das ihres Ziehenkels Ferdinand. Olgas außergewöhnlich starke Persönlichkeit überstrahlt die Handlung des Romans. Wie viele Menschen haben es zu damaliger Zeit geschafft, sich von ihrer ärmlichen Herkunft in gewisser Weise zu befreien und durch das Lernen und ein Studium ihrer angestammten Klasse zu entwachsen. Leider standen auch Olga nicht alle Möglichkeiten offen. Weise verzichtet sie auf eine Ehe mit Herbert, die angesichts der Wiederstände aus dessen Familie wohl dem Untergang geweiht gewesen wäre. Sie steht zu sich selbst diese Olga, sie wächst, sie wird zu einer in sich ruhenden Persönlichkeit.

Mit Bernhard Schlink hat der Literaturbetrieb einen wirklich außerordentlich beachtenswerten Autor. Er versteht es mit kurzen scheinbar einfachen Sätzen Szenerien zu erschaffen, die mit großer Tiefe überraschen. Auch wenn Olga in ihrer Stärke auch eine gewisse Härte entwickelt und nicht jede ihrer Regungen nachvollziehbar ist, so mag dies vielleicht auch an der Leserin liegen, die ja glücklicherweise in einer weniger einengenden Zeit aufwachsen durfte, die vielleicht auch der Schicht, in die sie hineingeboren wurde, entwachsen durfte. Was der Autor jedoch sehr klar und eindringlich zum Ausdruck bringt, ist das Olga sehr durchsetzungsstark ist und sich selbst Möglichkeiten schafft, die ihr die Gesellschaft eigentlich nicht geben will. Solche klugen und willensstarken Menschen könnten wir in unserer verweichlichten Welt durchaus mehr brauchen.


Bernhard Schlink schafft es einfach, einen zum Nachdenken zu bringen und so Gedanken in sich zu finden, von denen man vorher nichts geahnt hat.

4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

Olga von Bernhard Schlink
ISBN: 978-3-257-07015-6



Samstag, 20. Januar 2018

Berge und mehr

Der Schriftsteller Eric Marchand hat Probleme mit seinem Verleger. Seine Krimireihe läuft nicht mehr so gut wie einst und das Ende seines neuesten Werkes gefällt nicht. Marchand macht sich auf nach Korsika, wo er sein Buch überarbeiten, um nicht zu sagen, neu erschaffen will. Als Autor wird Eric schnell erkannt und wohlwollend aufgenommen. Bald jedoch stößt er auf Strömungen und Wiederstände, mit denen er nicht gerechnet hat. Kurz nach seiner Ankunft fällt der stellvertretende Bürgermeister einem Anschlag zum Opfer. Es entsteht der Verdacht, die korsische Mafia habe das Waffenstillstandsabkommen gebrochen. Polizeichef Clément sticht mit seinen Ermittlungen in ein Wespennest.

Was wie ein netter Urlaubsaufenthalt in einer grandiosen Landschaft beginnt, entwickelt sich doch schnell in eine gefährliche Begegnung mit der korsischen Mafia. Auf der Suche nach einer Handlung für seinen Roman, die sowohl den Autor als auch den Verleger zufriedenstellt, begibt sich Eric Marchand auf unheimliche Pfade. Die Insel ruft Schwingungen in ihm hervor, von denen er nicht ahnte, das sie existieren können. Einen nicht geringen Anteil an diesen Entdeckungen hat die junge Heilerin Laurine, die einige seiner Schritte lenkt und seine Aufmerksamkeit in ihrem Bann hält. Welche Intrigen gleichzeitig die Mafia-Mitglieder verfolgen, welche Rufe der Vergangenheit sie erhören, geht zunächst an Eric vorbei. Erst im weiteren Verlauf seines Aufenthaltes werden im einige Zusammenhänge klar, die es ihm unmöglich machen, die Insel so bald zu verlassen.


So richtig genießt man hier keinen urlaubsmäßigen Blick aufs Meer, kein Glas Wein, keinen Sonnenuntergang. Mit in den Herbst nimmt einen die Geschichte. Noch spürt man die Wärme des Sommers, aber die Kälte des Winters schickt ihre Boten voraus. Man erfährt etwas über die tatsächlichen oder möglichen Einflüsse der Familien auf das Tagesgeschehen, etwas über das Gesetz des Schweigens, etwas über die Unmöglichkeit des Vergessens und des Verzeihens. Eine antiquierte Gesellschaft, die doch so gut in die heutige Zeit passt. Was zunächst recht beschaulich beginnt, gewinnt doch schnell an Aktion. Zuweilen fragt man sich, wie Eric Marchand seinen Roman umgestalten soll, wenn alles darauf hinausläuft, dass er das Ende seines Aufenthaltes auf der Insel nicht erlebt. Eine Frage, die schließlich an diesen ersten Band einer Reihe fesselt, ein Band, der wohl als geschickt konstruierter Auftakt einer größeren Sache gesehen werden kann.

4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

Das korsische Begräbnis von Vitu Falconi
ISBN: 978-3-426-45019-2


Freitag, 19. Januar 2018

Todesstrafe

Ein junger Mann wartet auf die Vollstreckung des Todesurteils. Fast alle seine Mittel sind ausgeschöpft. Völlig unerwartet wird ein Gefängnisaufseher von einem Anwalt beauftragt, noch einmal Nachforschungen in dem Fall des Verurteilten anzustellen. Es gibt vage Hinweise, die auf seine Unschuld hindeuten können. Dieser Aufseher versichert sich der Mitarbeit eines eben entlassenen Strafgefangen, dem er damit bei der Wiedereingliederung in den normalen Alltag helfen will. Schon bald finden die Beiden weitere Ungereimtheiten, die vermuten lassen, dass die Tat doch aus anderen Gründen begangen wurde als es bisher aus den Akten hervorgeht. Kann es Hoffnung für den Todeskandidaten geben?

Kann eine Todesstrafe zu recht ausgesprochen werden, zu recht vollstreckt werden. Kann es überhaupt eine gerechte Strafe sein. Wenn zum Beispiel ein Angeklagter keine Reue zeigen kann, weil er sich an den Tathergang nicht erinnert, und er gerade deshalb zur Höchststrafe verurteilt wird. Wenn eine Strafe eher einen erzieherischen Effekt haben soll, wie kann ein zum Tode verurteilter, davon noch profitieren. Sie alle sowohl der Gefangene als auch Aufseher und auf Bewährung frei gelassener hadern mit ihren Gedanken. Zwar versuchen sie die Wahrheit zu finden, doch sie fürchten sich auch vor dem, was sie finden könnten. Gerade die Beiden, die sich auf die Suche machen, um das Rätsel der Tat zu entschlüsseln, fördern so manche Überraschung zutage. 

Zwei ungleiche Ermittler, eine Thematik, die schwieriger kaum sein kann, eine Tat, die schlüssig erscheint und bei genauem Hinsehen doch Wiedersprüche aufweist. Nicht ganz leicht mag es sein, sich in die japanische Mentalität hineinzuversetzen. Doch wenn man die Fremdheit einfach akzeptiert, erhält man einen fesselnden Krimi, der sich mit dem Ziel von Strafen auseinandersetzt, mit dem Sinn von Todesstrafen, mit den Nöten der Vollstrecker, mit dem Leid, das durch Straftaten hervorgerufen wird. Auch wenn der Fall gelöst wird, für die dargestellten Problematiken kann es keine Lösung geben. Der Leser wird sich sein Gedanken machen und sich ein ideale Welt wünschen, in der es kein Verbrechen gibt. Ein Wunsch, der sich nicht erfüllen wird.


Eine packende zweite Veröffentlichung von Kazuaki Takano, die ganz anders ist als das erste Werk; die überzeugt.

4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

13 Stufen von Kazuaki Takano
ISBN: 978-3-328-10153-6




Sonntag, 14. Januar 2018

Selbstmordrate

Innerhalb kurzer Zeit bringen sich verschiedene Beamte des BKA um. Sabine Nemez, die inzwischen zeitweilig an der BKA-Akademie unterrichtet, versucht herauszufinden, wieso die Selbstmordrate unter den Kollegen plötzlich so hochschnellt. Sie glaubt ihr alter Professor Maarten S. Sneijder könnte ihr vielleicht helfen, doch dieser weist sie schnöde zurück, mit den Worten, sie solle die Vergangenheit ruhen lassen. Das wirkt natürlich mehr wie eine Aufforderung. Sabine versucht Zusammenhänge zwischen den Schicksalen der verstorbenen Beamten zu finden. Überrascht stellt sie fest, dass diese zu Beginn ihrer Karriere gemeinsame Einsätze hatten. Natürlich bohrt Sabine weiter nach, sie gewinnt allerdings den Eindruck, ihre Zeugen sterben schneller als sie sie befragen kann.

Dieser Maarten S. Sneijder, man möchte in irgendwohin treten, wie kann er seiner ehemaligen Kollegin nur die Unterstützung verweigern. Er muss doch wissen, dass sie nicht aufgeben wird. Zwar ist Sneijder seit dem letzten Einsatz suspendiert, aber ein paar Tips könnte er doch geben. Aus seiner Reaktion ergibt sich, dass er vermutlich mehr über die Zusammenhänge weiß als er zugibt. Nun er gibt ja gar nichts zu.

In ihrem vierten Auftritt geraten Sabine Nemez und ihr ehemaliger Ausbilder Maarten S. Sneijder mal so richtig auseinander. Da verweigert dieser alte Knurrhahn einfach die Zusammenarbeit. Dabei gilt es doch, das Rätsel um diese unheimliche Selbstmordserie zu lösen. Denn unheimlich ist es schon, wenn plötzlich mehrere gestandene Beamte ihr Leben wegwerfen. Wie Dominosteine scheinen sie zu fallen, einer nach dem anderen. Alle im nahezu gleichen Alter, mit nennenswert guten Laufbahnen. Ebenso wie die Ermittler steht man als Leser/Hörer vor einem Rätsel. Ebenso wie Sabine ärgert man sich über Sneijder, der anscheinend nichts als dumme Sprüche in petto hat. Und wenn sich die Hinweise so langsam verdichten, kommt eine Geschichte ans Licht, die man beinahe Verschwörung nennen könnte. Ausgesprochen spannend entfaltet sich ein klassischer Kriminalfall, der es in sich hat. Unterstrichen noch durch die eindrucksvolle Lesung von Achim Buch verfolgt man gebannt, welch unglaubliche Details die Ermittler zutage fördern. 

Im besten Sinne - ein Krimi wie er im Buche steht. 


4,5 Sterne (🐳🐳🐳🐳+)

Todesreigen von Andreas Gruber
ISBN: 978-3-844-52657-8




Samstag, 13. Januar 2018

Lost Years

Im Geheimen lebt William Shakespeare in Venedig. Im Jahr 1586 tritt er dort als Assistent der englischen Botschaft auf. Er und zwei Freunde sind allerdings in großer Gefahr, denn sie kennen die Namen vieler katholischer Spione in England. Deshalb trachtet der Papst ihnen nach dem Leben. Shakespeare und seinen Freunden bleibt nichts anderes übrig als zu fliehen. In Verona lebt Aemelia, die Tochter des Herzogs. Sie ist eine freiheitsliebende Persönlichkeit, die es absolut nicht ausstehen kann, bevormundet zu werden. Und so ist die von ihrem Vater arrangierte Ehe mit Count Claudio überhaupt nicht nach ihrem Geschmack. Viel lieber mag sie ihren Cousin Valentine.

Bei „The Assassin of Verona“ handelt es sich um den Nachfolgeband zu „The Spy of Venice“. Zu Beginn des vorliegenden Bandes merkt man auch, dass es sich nicht um einen ersten Band handelt. Das Geschehen beginnt irgendwie mittendrin und so bedarf es einer ganzen Weile und einiger eigener Ermittlungen hinsichtlich des Lebens des großen Autors und des geschichtlichen Kontexts, um verstehen zu können, an welchem Punkt ungefähr die Story einsetzt. Zur kurzen Erläuterung: die Handlung ist angesiedelt in den sogenannten verlorenen Jahren Shakespeares, über die kaum etwas bekannt ist. In dieser Zeit der Herrschaft Elisabeth I versuchten die Katholiken die Herrschaft in England zurückzuerlangen. Im Original gelesen, kommt die shakespearische Sprache hinzu, die die Lektüre nicht unbedingt einfach macht, selbst wenn man seinen Shakespeare kennt. 

Erst nach und nach erschließt sich der Charme der Geschichte. Die tragische Liebe Shakespeares zu Isabella, die ihm sicherlich mehr als nur ein Gedicht oder Sonnet eingehaucht hat, Anklänge an Stücke, die man einmal gelesen hat, Namen, die Erinnerungen wecken. Selbst wenn einem Shakespeare mit englischen Original nicht so geläufig ist, lässt sich doch einiges wieder erkennen. Uns so verfolgt man Shakespeares Erlebnisse mit immer größerem Verständnis und ist schließlich gefesselt sowohl von der Geschichte als auch von dem fein ziselierten Gebrauch der Sprache. Der Autor kennt und versteht seinen Shakespeare und mit seinem Werk erfüllt er diese vorher erwähnten verlorenen Jahres wahrhaftig mit Leben, mit Inspiration für den späteren Stückeschreiber.

Eine tolle Romanidee, im Original für einen Nichtmuttersprachler allerdings nicht ganz einfach zu lesen. Sollte man auf der Suche nach einem größeren Publikum sein, bedürfte es sicherlich einer präzisen und kenntnisreichen Übersetzung.


3,5 Sterne (🐳🐳🐳+)

The Assassin of Verona von Benet Brandreth
ISBN: 978-1-78576-216-1


Dienstag, 9. Januar 2018

Report Köln

Der Journalist Jan Römer hat glücklicherweise eine Festanstellung. Er berichtet über ein zeitloses Thema, an dem die Leser das Interesse nicht verlieren. Er und seine Kollegin Stefanie genannt Mütze rollen ungelöste Kriminalfälle journalistisch auf und manchmal stoßen die sogar auf Informationen, die anderen entgangen sind. Vor ungefähr zwanzig Jahren wurde die 19jährige Sonja Risse ermordet und hingebettet als würde sie schlafen. Diese fast schon rituelle Aufbahrung lässt an einen Serientäter denken, doch vergleichbare Fälle tauchen in keiner Datenbank auf. Jan und Mütze entschließen sich, so an den Fall heran zu gehen als gäbe es noch keine Ermittlungen.

Bereits zum dritten Mal recherchieren Jan Römer und Stefanie Schneider in einem bisher ungeklärten Verbrechen. Sie sind ein eingespieltes Team, in dem jeder seine Aufgaben hat, das Brainstorming aber gemeinsam erledigt wird. Den Tod von Sonja umgibt ein Geheimnis, so scheint es. Die junge Frau war offen, klug und bei allen beliebt. Wie sich in einem ersten Gespräch herausstellt war ihre Mutter wohl eine der Wenigen die ein Problem mit ihrem Kind hatte. An einem Mädchen, das sich zwar nach dem sehr erfolgreichen Ablegen der Abiturprüfung ein Auszeit gönnte, das jedoch Pläne für sein weiteres Leben hatte. Alle Ansätze führen zunächst ins Nichts. Vielleicht haben sich die beiden Reporter das falsche Thema ausgesucht. Doch schließlich deutet ein Hinweis doch darauf, das die Nachforschungen von Erfolg gekrönt sein könnten.


Zum Verständnis des Falles ist die Kenntnis der Vorbände nicht erforderlich, aber das Interesse am privaten Vorleben der beiden Journalisten wird schon geweckt. Sowohl Römer, der mit der Trennung von seiner Frau noch nicht völlig abgeschlossen hat und der sich um einen guten Umgang mit seinem Sohn bemüht, als auch Schneider, über die kaum Informationen gegeben werden, die aber durch ihr blitzgescheites Denken besticht, wirken sehr sympathisch. Nach und nach bohren sie sich in ihre Nachforschungen und fördern erstaunliches zutage. Spannend gestaltet sich die Spurensuche. Was da Alles so im Geheimen abläuft, welche zwischenmenschlichen Untiefen manchmal zu umschiffen sind und nicht immer ist es das Offensichtliche, aus dem sich das entscheidende Puzzleteil ergibt. Ein liebenswertes Ermittler-Team, das seinen dritten Fall mit klassischen Methoden geschickt löst.

4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

Das Lied der toten Mädchen von Linus Geschke
ISBN: 978-3-8437-1592-8


Sonntag, 7. Januar 2018

Unheilige Wissenschaft

Schon die ersten Atombombentests, die angeblich harmlos waren, brachten Unheil und Krankheit über die Menschen, die sich in der Nähe aufhielten. Auch nach Jahren und Jahrzehnten ist wahrscheinlich noch nicht das ganze Ausmaß der Gefahr erfasst. Dennoch sind Mitglieder einer Sondereinheit sofort aufgeschreckt als bekannt wird, dass in Japan und Frankreich Elemente gestohlen werden, die zusammengebracht Bestandteile einer schmutzigen Bombe bilden können. Hängen die beiden Vorfälle zusammen? Was könnte das Ziel derer sein, in deren Hände das Material geraten ist?

Ob die technischen Details den Tatsachen entsprechen, kann nicht beurteilt werden. Dennoch gelingt es dem Autor, eine bedrohliche Situation zu schildern. Manchmal geraten die theoretischen Ausführungen für jemanden ohne große Fachkenntnisse dabei etwas zu ausschweifend und nicht auf den Punkt gebracht. Zwar bleibt die Erkenntnis, dass Kernspaltung oder auch Kernfusion potentiell gefährliche Arten der Energiegewinnung und damit mit äußerster Vorsicht anzuwenden sind, wobei die Kernfusion nicht in einem Entwicklungsstand ist, in dem sie kommerziell anwendbar ist. Doch das war auch vorher schon bekannt. Das die Auswirkungen einer schmutzigen Bombe auch die Attentäter beträfen und dass damit auch diese sich genau überlegen sollten, ob sie das in Kauf nehmen, ist klar. Bei der eigentlichen Handlung, die zwar schon spannend ist, bleibt man als Leser jedoch etwas distanziert, da Irrtümern auf eigenartige Weise begegnet wird und letztlich der Sinn oder Unsinn der Aktion nicht so gut verständlich herausgearbeitet werden. Da hilft der stilistisch gute Thrillervortrag des Lesers Uve Teschner auch nicht, um Klarheit zu schaffen. 

Eine interessante Thematik, bei der nicht klar wird, ob dem Leser zu viel abverlangt wird oder ob das Thema hätte besser aufgearbeitet werden können.


2,5 Sterne (🐳🐳+)

Ascheregen von Risto Isomäki
ISBN: 978-3-7857-4572-4


Freitag, 5. Januar 2018

Das gute Schweden

Erica Falck recherchiert für ihr neues Buch. Vor dreißig Jahren verschwand ein kleines Mädchen und wurde kurz darauf tot aufgefunden. Nie wurde richtig geklärt, wie die Kleine zu Tode kam. Nun ist wieder ein kleines Mädchen verschwunden. Ganz Fjällbacka macht sich auf die Suche nach dem Kind. Sogar einige Bewohner des örtlichen Flüchtlingsheimes beteiligen sich an der Suche. Die Eltern sind verzweifelt. Dankbar nehmen sie jede Hilfe an. Die Polizisten um Patrik Hedström tun ihr Möglichstes, um das vermisste Kind zu finden. 

Die kleine Stella vor dreißig Jahren und nun die gleichaltrige Nea. Können Fälle, die sich in so großem Zeitabstand ereignen, zusammenhängen? Es ergeben sich offensichtliche Ähnlichkeiten, die die Polizei und auch Erica dazu bringen, sich den älteren Fall noch einmal genauer anzuschauen. Doch zunächst drängt sich kein Hinweis auf. Auch die Suche nach dem kleinen Mädchen verläuft erstmal erfolglos. Allerdings kommt ein vermehrtes Murren aus der Bevölkerung, mit dem Gerüchte genährt werden, die Flüchtlinge könnten etwas mit dem Verschwinden der kleinen Nea zu tun haben. 

Neben den beiden Fällen um die verschwundenen Kinder berichtet die Autorin noch vom Schicksal der verwitweten jungen Elin, die im siebzehnten Jahrhundert mit ihrer Tochter auf dem Hof ihrer Halbschwester aufgenommen wird. Ob und wie die drei Handlungsstränge zusammenhängen, hält Camilla Läckberg lange im Ungewissen und damit bleiben Spannung und Neugier aufrecht erhalten bis zum Schluss. Langsam entfaltet sich das grausame Geschehen. Je tiefer Patrik und Erica graben, desto mehr bittere Wahrheiten fördern sie zutage. Und wenn Mellberg in seiner bräsigen Dummheit die Ermittlung gefährdet, ist Patrik nicht der Einzige, der seinen Chef mal ordentlich durchschütteln möchte. Ein grober Fehler Mellbergs führt zu einer Katastrophe. 

Es ist kein schöner Fall, der sich aus den Nachforschungen herauskristallisiert. Vieles, das vergangene Generationen im Verborgenen halten wollten, führt in der Gegenwart zu großem Unheil. Deutlich führt die Autorin vor Augen, dass Fremdenfeindlichkeit wahrlich keine Errungenschaft ist, dass Schweigen und Verbergen in die Katastrophe führen kann. Eine Katastrophe, die niemand vorhersehen oder verhindern kann, die sich aus der Entwicklung zwar erklärt, die dadurch aber nicht erträglicher wird. 

Auch wenn die Ermittlung etwas mühsam in Gang kommt, entfaltet dieser Fall ein schonungsloses Bild unserer Gesellschaft und sollte mit Glück zu der Erkenntnis führen, dass Toleranz, Offenheit und Freundlichkeit die besseren Umgangsformen sind, sowohl innerhalb von Familien und Freundeskreisen als auch zwischen den Gesellschaften.


4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

Die Eishexe von Camilla Läckberg
ISBN: 978-3-8437-1596-6


Donnerstag, 4. Januar 2018

Tote Zeugen

Leichtfüßig kehrt Mahony zurück in seinen Heimatort. Obwohl das Jahr 1976 geschrieben wird, wirkt sein Hippie-Outfit in dem verschlafenen Ort etwas deplatziert. Mahony fällt auf, umso mehr als er anfängt, Fragen nach seiner Mutter Orla zu stellen. Er hat immer geglaubt, sie habe ihn ins Waisenhaus abgeschoben, doch nun hat er eine Nachricht bekommen, aus der etwas anderes hervorgeht. Mahony will wissen, was mit seiner Mutter geschehen ist. Mit etwas Überredungskunst kommt er bei der alten Mrs Cauley unter, eine ehemalige Schauspielerin, die schnell eine gewisse Sympathie für Mahonys Schicksal hegt und ihm bei seinen Nachforschungen hilft.

Diese gewitzte alte Frau sprüht vor Ideen, wie man die verstockten Dorfbewohner an den Hammelbeinen packen kann. Mahony selbst ist auch nicht auf den Kopf gefallen, schließlich geht es um seine Vergangenheit. Und dass er die Gabe seiner Mutter, die Toten zu sehen, geerbt hat, erweist sich auch als nicht schädlich. Und so bilden die alte Dame und der junge Unruhe verbreitende Springinsfeld ein echt cooles Team, das erstmal gegen eine Mauer des Schweigens läuft. Hat denn wirklich jeder Dreck am Stecken? Wie kitzelt man da am Besten etwas aus den Leuten heraus, die eigentlich nichts erzählen wollen.

Mit der alten halb bettlägerigen Merle Cauley und dem vor Energie sprühenden Mahony ist der Autorin ein sich nahezu genial ergänzendes Team gelungen. Nach einem etwas befremdlichen Beginn, da man sich selbst daran gewöhnen muss, mit den Toten zu ermitteln, entwickelt das Buch immer mehr Reiz. Man möchte es nicht mehr aus der Hand legen. Beinahe ahnt man ein fürchterliches Ende voraus und kann doch nicht aufhören. So ein witzig skurriler Fall in einer weltabgewandten Umgebung - es funktioniert, es funktioniert sogar bestens. Wenn man schon immer geglaubt hat, dass es in Irland anders zugeht, wird man hier Bestätigung im besten Sinne finden. Mögen die Toten ihre Hand über Merle und Mahony halten.


4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

Der Freund der Toten von Jess Kidd
ISBN: 978-3-8321-9836-7




Mittwoch, 3. Januar 2018

Velocity

Bei ihr wurde eingebrochen, Laura Blacklock kann das Ereignis nicht überwinden. In ihren eigenen vier Wänden fühlt sie sich nicht mehr wohl. Soll sie unter diesen Umständen die berufliche Chance, die sich ihr geboten hat, überhaupt annehmen. Während einer Schwangerschaftsvertretung für eine Kollegin bei der Zeitschrift Velocity hat Laura die Möglichkeit an der Jungfernfahrt eines exklusiven Luxus-Kreuzfahrtschiffes teilzunehmen. Eigentlich keine schlechte Idee, schließlich kann dort niemand eine Tür aufbrechen und in ihre privaten Räume eindringen. Zunächst ist Laura schier überwältigt von dem Leben der Reichen, an dem sie zu Promotionzwecken teilhaben darf. Bis sie Geräusche in der angeblich leer stehenden Nachbarkabine hört und glaubt, sie habe gesehen wie ein Körper ins Wasser fällt.

Durch den Einbruch von Ängsten geplagt, will sich Laura eigentlich erholen und die Reise genießen. Doch nach ihrer vermeintlichen Beobachtung, über die sie dem Sicherheitsoffizier berichtet, der ihr allerdings keinen Glauben schenkt, ist Laura nervlich ziemlich am Ende. Sollte ihr ihre Phantasie tatsächlich einen Streich gespielt haben. Laura beginnt nachzufragen, wie die anderen Gäste den Abend erlebt haben. Doch niemand hat etwas Ungewöhnliches beobachtet. Laura zweifelt und verzweifelt beinahe.

Kann der Leser Laura trauen? Schließlich hat sie den Einbruch noch nicht verwunden. Vielleicht ist ihre Phantasie doch etwas lebhaft. Und in manchen Momenten wirken die logischen Äußerungen der Mitkreuzfahrer einfach glaubhafter. Es muss ihr wie ein Kampf gegen Windmühlen vorkommen. Vielleicht kann man ihr Gefühl nachempfinden, wenn man selbst schon einmal in einer Situation schlicht die Wahrheit gesagt hat und nur ungläubiges Kopfschütteln geerntet hat. Da möchte man vor Frust in die Tischkante beißen. Oder kann in Lauras Fall mehr dahinter stecken?

Vielleicht wird in diesem Fall nicht jede Nuance bis ins Letzte geklärt, dafür aber bekommt man einen sehr spannenden und schnellen Thriller in einer Umgebung angesiedelt, in die man gerne einmal lugen möchte. Filmreif geschrieben mit treffenden Dialogen spielt sich die Handlung hauptsächlich in dem begrenzten Raum des Schiffes ab. Durch kleine Einschübe wird die Sorge um Laura verstärkt, die zwar auf dem Schiff vor etlichen Gefahren sicher ist, aber dieses auch nicht ohne weiteres verlassen kann. Flott gelesen, mitgerissen, fesselnde Unterhaltung genossen.


4 Sterne (🐳🐳🐳🐳)

Woman in Cabin 10 von Ruth Ware
ISBN: 978-3-423-43270-2


Montag, 1. Januar 2018

Pariser Geschichten

Nach dem großen Erfolg ihres Romans ist Joséphine mit ihren Töchtern in ein besseres Viertel in Mitten von Paris gezogen. Eigentlich hat sie sich in der Vorstadt wohler gefühlt, doch so langsam lebt sie sich ein. Den Tod ihres Mannes hat sie so langsam verwunden, obwohl der neue Mann in ihrem Leben ihr nicht so nahe ist, wie sie es sich wünscht. Mit ihrer Schwester Iris hat sie wenig Kontakt, diese hat sich in Behandlung begeben und ihr Mann Philippe ist mit dem gemeinsamen Sohn nach London gezogen. Für ein neues Buch fehlt Joséphine eine zündende Idee.

Joséphine zum Zweiten, nach den gelben Augen der Krokodile bekommen wir es hier nun mit dem langsamen Walzer der Schildkröten zu tun. In Joséphines neuer Umgebung wird sie kurz nach dem Umzug überfallen, sie tut die Sache als harmlos ab und sie muss erst von einer Freundin überzeugt werden, zur Polizei zu gehen. Nur wenig später wird die Lehrerin ihrer jüngeren Tochter Zoé tot aufgefunden. Es herrscht große Angst im Haus. Unbeirrt davon will Joséphine ihr Leben voranbringen, sie will ihre Frau stehen. Völlig durcheinander gerät sie durch einen unerwarteten, aber insgeheim ersehnten Kuss.

Nach dem liebenswert chaotischen ersten Band ist dieser zweite Band mit einer Reihe von Todesfällen ungleich düsterer. Immer noch sucht Joséphine ihren Weg. Den Entwicklungen fehlt allerdings die Leichtigkeit und der skurrile Witz, der nach dem ersten Band zu erhoffen gewesen wäre. Die Ausschweifungen wirken teilweise nicht sehr glaubwürdig und legen sich wie eine Bürde auf Joséphines eigentlich interessante Entwicklung. So schwankt man zwischen neugieriger und gefesselter Lektüre und der Versuchung, die unwichtig und allzu weit daher geholt erscheinenden Teile zu überblättern. 

Nach einem witzig turbulenten ersten Band ein düsterer zweiter Band mit einigen Längen.


3 Sterne (🐳🐳🐳)

Der langsame Walzer der Schildkröten von Katherine Pancol
ISBN: 978-3-442-74697-2